Avengers: Infinity War – Thanos gibt dem Marvel-Universum endlich einen Sinn
So geht unterhaltsames Popcorn-Kino: Mit ein paar simplen Kniffen und Hilfe von oben entgehen die Avengers in “Infinity War” dem narrativen Overkill, der die früheren Auftritte der Rächertruppe lähmte. Dazu kommt endlich ein Gegner von Format.
Irgendwann ist die kritische Masse erreicht: Es ist einfach zu viel Personal da. Die Avengers um Captain America (jetzt auch mit Bart: Chris Evans) und Iron Man (Robert Downey Jr.) sind über die Jahre so zahlreich geworden, dass leicht den Überblick verliert, wer sich nicht mit jahrelangem Quellenstudium vorbereitet hat. Also muss man Aufgaben verteilen und die Arbeit organisieren, sonst endet es im Chaos. So löst "The Avengers: Infinity War" sein Problem der Überbevölkerung. Superschurke Thanos wählt da einen ungleich radikaleren Ansatz.
Personalprobleme
Es ist kein Zufall, dass die besseren der bisherigen Marvel-Filme mit deutlich reduziertem Personal aufwarten: "Captain America: The Winter Soldier", hierzulande als "The Return of the First Avenger" vermarktet, ist so ein Beispiel, oder "Deadpool". Auch die "Guardians of the Galaxy", die bisher in ihrem ganz eigenen Universum zuhause waren, haben von der Distanz zur Erde mit ihren Konflikten profitiert.
Dagegen hat sich das ständig wachsende Personal von Superhelden für einige der Filme, die im Marvel-Universum angesiedelt sind, als schwere Hypothek erwiesen. Wegen der Überbevölkerung auf einem begrenzten Spielfeld (die Erde) sind vor allem die bisherigen Avengers-Auftritte zu dröhnenden CGI-Materialschlachten mit endlosen Kloppereien geraten, weil alle ihre Screen-Time brauchen.
Kurzweiliger Trip
“Infinity War” macht aus dieser Not eine Tugend: Inzwischen sind so viele Superhelden im Spiel, dass die Drehbuchautoren Christopher Markus und Stephen McFeely das Personal auf mehrere Handlungsstränge an verschiedenen Orten verteilen und so die Geschichte gezwungenermaßen mit weniger Schnörkeln erzählen. Das verhilft “Infinity War” zu einem kurzweiligen Drive, den man bei vorangegangenen Auftritten der Avengers schmerzlich vermisst hat.
Avengers: Infinity War (22 Bilder)
(Bild: Marvel Films/Disney)
"Infinity War" greift mehrere Geschichten aus dem Marvel-Universum auf und führt ihre Protagonisten zu einem – natürlich vorläufigen – Höhepunkt zusammen. Weltraum-Schurke Thanos (unter ganz viel CGI: Josh Brolin) will seine Suche nach den sechs Infinity-Steinen vollenden. Nachdem seine Armee unter Lokis (Tom Hiddleston) Führung gescheitert war (“The Avengers”), nimmt Thanos die Sache jetzt selbst in die Hand – und ist dabei sehr erfolgreich. Schafft Thanos es, alle sechs Steine in seinen Infinity-Handschuh einzupassen, verleiht ihm das unendliche Macht.
Thanos' mörderischer Plan
Und das wäre nicht so gut. Denn auch Thanos findet, dass zu viel Personal stört. Er will das ganze Universum von seinem Elend erlösen, indem er die Hälfte der Bevölkerung eines jeden Planeten umbringt. Mit den Infinity-Steinen müsste er dafür nicht mühsam durchs All reisen und ganz altmodisch Kriegsverbrechen begehen, er könnte das halbe Universum mit einem Fingerschnippen auslöschen.
Thanos ist Überzeugungstäter. Er hat seinen Heimatplaneten Titan sterben sehen, weil ihm keiner zuhören wollte. Er glaubt wirklich, dass er das Universum mit seinem mörderischen Plan zu einem besseren machen wird. Zwischen den ganzen Superhelden ist Thanos mit all seiner Verbohrtheit und dem mörderischen Größenwahn noch die menschlichste Figur in “Infinity War”, was durch ein paar Schlaglichter auf die Beziehung zu seiner Ziehtochter Gamora (Zoe Saldana) untermauert wird.
Bunte Truppe
Thanos ist nicht nur das emotionale Zentrum von “Infinity War”, sondern des ganzen Marvel-Universums. Und er ist der erste Superschurke, der die Avengers glaubhaft in Bedrängnis bringen kann. Gegen ihn ist Ultron, diese Manifestation von Tony Starks technikbesessenem Größenwahn, ein Waisenknabe. Die seit “Avengers: Age of Ultron” und “Captain America: Civil War” zerstrittenen Superhelden raufen sich wieder zusammen, um gemeinsam Thanos die Stirn zu bieten. Dabei bekommen sie Unterstützung von Doctor Strange (Benedict Cumberbatch), Spider-Man (Tom Holland), Black Panther (Chadwick Boseman) und den Guardians of the Galaxy, die das sonst so staatstragende Pathos der Avengers mit ihrer verspielten Ignoranz pulverisieren.
Die Geschichte springt munter zwischen New York, Wakanda und verschiedenen Planeten hin und her. Das ist alles ziemlich flott getaktet, was keine Zeit für endlose Keilereien und lange Reden lässt. Auf den Regiestühlen saßen die Brüder Anthony und Joe Russo, die schon für die Captain-America-Filme “The Winter Soldier” und “Civil War” verantwortlich zeichneten. Sie halten das Tempo hoch. Damit gehört “Infinity War” trotz der genreüblichen 150 Minuten zu den kurzweiligsten Marvel-Filmen.
Wo ist der Hulk?
Doch auch “Infinity War” kommt nicht ganz ohne narrative Verrenkungen aus, um die Spannung hoch zu halten. Wanda Maximoff (Elizabeth Olsen) greift deutlich zu spät in die Schlacht um Wakanda ein, weil sie es vorgezogen hat, Vision (Paul Bettany) das Händchen zu halten. “Wo zur Hölle bist du die ganze Zeit gewesen”, fragt Okoye (Danai Gurira), die Chefin von Black Panthers Leibgarde. Das ist so eine der Fragen, die man sich als Zuschauer in Marvel-Filmen häufiger stellt.
Was “Infinity War” fehlt, ist der Hulk. Bruce Banner (Mark Ruffalo) hat Performanzprobleme und bringt seine Wut nicht raus, weshalb Tony Stark ihm einen Hulk-Anzug gebaut hat. Auch für den jungen Spider-Man, der für ein paar witzige One-Liner zuständig ist, hat Stark neue Arbeitskleidung mitgebracht. Da ist dann auch wieder das alte “Iron-Man”-Problem: Bei dem Innovationstempo, das Starks Waffenschmiede (und die CGI-Tricktechnik) vorlegt, sind altmodische Superhelden in absehbarer Zukunft arbeitslos. Das wäre dann wohl der Beitrag der Avengers zur aktuellen Digitalisierungsdebatte.
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Avengers: Infinity War (USA, 2018). Regie: Anthony und Joe Russo. Drehbuch: Christopher Markus und Stephen McFeely. 149 Minuten.
Mit: Robert Downey Jr., Chris Hemsworth, Mark Ruffalo, Chris Evans, Scarlett Johansson, Benedict Cumberbatch, Don Cheadle, Tom Holland, Chadwick Boseman, Paul Bettany, Elizabeth Olsen, Anthony Mackie, Sebastian Stan, Danai Gurira, Letitia Wright, Dave Bautista, Zoe Saldana, Josh Brolin, Chris Pratt, Peter Dinklage, Pom Klementieff, Karen Gillan, Dave Bautista, Josh Brolin, Gwyneth Paltrow, Benicio del Toro, Letitia Wright, Jeremy Renner, Cobie Smulders, Samuel L. Jackson
Ab dem 26. April im Kino. Wer beim Abspann nicht sitzen bleibt, verpasst eine Szene. Thanos Returns. (vbr)