"Baby-Universum": Bislang präziseste Karte des Mikrowellenhintergrunds erstellt

Ein Teleskop in Chile hat jahrelang an der mit Abstand präzisesten Karte des frühesten einsehbaren Universums gearbeitet. Die verrät jetzt viel über den Kosmos.

vorlesen Druckansicht 90 Kommentare lesen
Zwei Bilder von blau-gelben Flecken

Die neue Karte des kosmischen Mikrowellenhintergrunds

(Bild: ACT Collaboration, ESA/Planck Collaboration)

Lesezeit: 3 Min.
close notice

This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Eine internationale Forschungsgruppe hat die bislang detaillierteste und genaueste Aufnahme der frühesten Epoche des Universums erstellt, die für uns einsehbar ist. Die mit dem Atacama Cosmology Telescope (ACT) gesammelten Daten zum kosmischen Mikrowellenhintergrund zeigen den Zustand des Kosmos ungefähr 380.000 Jahre nach dem Urknall. Wenn man davon ausgeht, dass das Universum inzwischen ein mittleres Alter erreicht hat, entspreche die Aufnahme dem Foto eines wenige Stunden alten Kinds, schreibt die Universität Princeton. Erstmals sei dabei jetzt die Polarisierung der Signale auszumachen, was uns noch mehr über diese wichtige Phase in der Entwicklung des Kosmos verrät.

Vor der Epoche, in der die Strahlung des kosmischen Mikrowellenhintergrunds entstanden ist, bestand das Universum aus undurchsichtigem Plasma. Deshalb handelt es sich beim CMB (Cosmic Microwave Background) um die mit Abstand ältesten Signale, die wir im Universum nachweisen können. Vermessen wurde die Strahlung bislang vor allem von dem ESA-Weltraumteleskop Planck. Die jetzt gesammelten Daten haben nun aber eine fünfmal so große Auflösung und sind viel genauer. Außerdem enthüllen die Informationen zur Polarisierung der Signale, wie sich Wasserstoff und Helium in diesem Universum bewegt haben – lange bevor im Anschluss an das sogenannte Dunkle Zeitalter die ersten Sterne entstanden sind.

Videos by heise

Auf Basis der viel präziseren Karte zum Mikrowellenhintergrund hat das Team jetzt auch deutlich genauer ermitteln können, wie groß das beobachtbare Universum ist. Das reicht demnach fast 50 Milliarden Lichtjahre in alle Richtungen und enthält die Masse von 1900 × 1021 Sonnen – das sind 1900 Zeta-Sonnenmassen oder die Masse von fast 2 Quadrillionen Sonnen. Nur etwa 100 × 1021 Sonnenmassen entfallen dabei auf herkömmliche Materie. Auf weitere 500 × 1021 Sonnenmassen kommt die sogenannte Dunkle Materie und die restlichen 1300 × 1021 Sonnenmassen trägt die Dunkle Energie bei.

Insgesamt würde die neue CMB-Karte das Standardmodell der Kosmologie auch einmal mehr bestätigen, heißt es von dem Team noch. Demnach ist das Universum 13,8 Milliarden Jahre alt, bei einer Unsicherheit von lediglich noch 0,1 Prozent. Außerdem hätten die präzisen Messungen frühere Angaben zur Ausbreitungsgeschwindigkeit des Kosmos bestätigt, die ebenfalls auf Basis des kosmischen Mikrowellenhintergrunds ermittelt wurden. Damit vertieft sich die sogenannte Hubble-Spannung weiter – man habe keine Hinweise auf eine Erklärung der Abweichung zu den Messdaten auf Basis des nahen Universums.

Auch darüber hinaus seien die Daten in Bezug auf mögliche neue Physik getestet worden, ohne dass dabei Hinweise auf irgendwelche Neuheiten entdeckt wurden. Das vergleichsweise simple Modell des Kosmos sei damit einmal mehr untermauert, die meisten konkurrierenden Modelle habe man auf Basis der Daten ausschließen können. Gesammelt wurden die Daten über einen Zeitraum von fünf Jahren, abgeschlossen wurden die jetzt ausgewerteten Messungen 2022. Die Folgearbeit soll nun von einem neuen Instrument übernommen werden. Die Studie selbst ist nicht nicht überprüft, soll aber am heutigen Mittwoch auf der Jahreskonferenz der American Physical Society vorgestellt werden. Sie ist sind online einsehbar.

(mho)