Bayern will Auszubildende als Testkäufer von Gewaltspielen einsetzen

Die von Anwärtern auf den öffentlichen Dienst durchgeführten Testkäufe sind nach Angaben von Sozialministerin Haderthauer Teil der Beschränkungen für Gewaltspiele, die die bayerische Staatsregierung nach dem Amoklauf von Winnenden gefordert hatte.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Neu ist die Idee nicht: Bereits im Jahr 2007 legte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen eine Gesetzesinitiative vor, die vorsah, dass die Einhaltung eines Verkaufsverbots von sogenannten Killerspielen an Jugendliche durch Testkäufe überwacht werden sollte. Das Land Niedersachsen schickte dann vor ein paar Wochen im Landkreis Gifhorn die ersten Testkäufer – zwei 16 und 17 Jahre alte Polizeischülerinnen – in die Geschäfte. Behördenangaben zufolge zeigte sich dabei, "dass die Mehrzahl der überprüften Geschäfte den Jugendschutz nicht eingehalten haben". In drei von fünf Fällen hätten die Jugendlichen nur für Erwachsene freigegebene Computerspiele oder DVDs erhalten, berichtete die Kreisjugendreferentin Kathrin Rösel damals.

Am heutigen Dienstag kündigte die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) nun an, dass auch im Freistaat künftig Jugendliche versuchen sollen, erst ab 18 Jahre freigegebene Gewaltspiele zu kaufen. Eingesetzt würden Anwärter auf den öffentlichen Dienst, die ihre Ausbildung meist im Alter von 16 Jahren beginnen. "Wir haben zunehmend Anhaltspunkte dafür, dass viele Jugendliche solche Spiele über die Ladentheke erhalten", erklärte Haderthauer. Die Testkäufe seien Teil der Beschränkungen für Gewaltspiele, die die Staatsregierung nach dem Amoklauf von Winnenden gefordert habe. "Wir sind uns einig, dass Verbote allein die Probleme nicht lösen können", sagte die Ministerin. Bestehende Verbote müssten jedoch eingehalten werden.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Sozialministerin Haderthauer hatten sich zuvor schon für eine Überarbeitung der Kriterien bei der Bewertung der Altersfreigabe von Computerspielen ausgesprochen. Während Hermann die Alterseinstufungen durch die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) generell als "völlig unzureichend" bezeichnete, kritisierte Haderthauer, dass mit der USK-Altersfreigabe "der Bock zum Gärtner" gemacht werde. Schließlich finanziere und organisiere die Spielewirtschaft ja die USK. Habe ein Spiel eine Freigabe erhalten, könne es zudem nicht mehr verboten werden, selbst wenn sich nachträglich eine Jugendgefährdung herausstelle. "Es kann nicht sein, dass dem Staat hier die Hände gebunden sind", verdeutlichte die Ministerin.

Der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) forderte Bayerns Regierung unterdessen auf, "trotz Dauerwahlkampf" eine sachliche Diskussion zu führen. "Wenn die für den Jugendschutz in Bayern verantwortliche Staatsministerin Haderthauer in den Medien behauptet, die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle würde am Staat vorbei Alterskennzeichnungen vergeben, dann hat sie das System des Jugendschutzgesetzes leider nicht verstanden", erläutert BUI-Geschäftsführer Olaf Wolters. "Die Alterskennzeichen im Spielebereich stellen staatliche Verwaltungsakte des Landes Nordrhein-Westfalens dar, welches durch seine ständigen Vertreter in jeder Prüfsitzung den Vorsitz inne hat. Nordrhein-Westfalen hat die Federführung bei den Obersten Landesjugendbehörden der Länder für die Alterskennzeichnung von Computer- und Videospielen. Frau Haderthauer sollte dies als für den Jugendschutz zuständige Ministerin wissen." Auch gebe es derzeit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeit der USK beziehungsweise die bestehenden Prüfkriterien unzureichend seien. Eine Evaluation des Hans-Bredow-Instituts im Auftrag von Bund und Ländern habe die Alterskennzeichen der USK als nachvollziehbar bezeichnet. (pmz)