Belastende Arbeit: Content-Moderatoren für Social Media fordern Verbesserungen

Täglich teilweise belastendes Material sichten und prüfen - das ist der Job von Content-Moderatoren für Social Media. Einige fordern jetzt bessere Bedingungen.

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(Bild: Sam Wordley/Shutterstock.com)

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Content-Moderatoren, die in Deutschland für Social-Media-Plattformen schädliche Inhalte ausfiltern, haben am gestrigen Mittwoch im Bundestag bessere Arbeitsbedingungen gefordert. Bei einer Sitzung des Digitalaussschusses des Bundestags berichteten sie laut "heute im bundestag" von einem belastenden Arbeitsalltag, der durch eine "Kultur der Angst" und Geheimhaltung geprägt sei. Es müssten zur Löschprüfung viele Beiträge mit extremer Gewalt angeschaut werden, zugleich fehle es an psychologischer Betreuung.

So beschrieb unter anderem der Content-Moderator Cengiz Haksöz, der beim Dienstleister Telus in Essen für Metas Plattformen tätig ist, dass "Kopf, Körper und Herz" binnen seiner fünf Jahre in dem Job 4000 Stunden Gewaltmaterial durchgemacht hätten. Am Ende entscheide eben keine Künstliche Intelligenz, sondern ein Mensch, erklärte Haksöz. Er sei inzwischen, wie ihn der Bericht zitiert, ein gebrochener Mensch. Ebenfalls hätten Kollegen wegen der Arbeit schwere psychische Probleme bekommen.

Statt echter psychologischer Betreuung gebe es aber demnach oft eher eine Art Coaching durch ehemalige Moderatoren, die an Vorgesetzte berichteten. Zum Jobeinstieg erhielten die Moderatoren seinen Angaben nach Training zu Grundprinzipien, Regeln und Maßnahmen der Plattform. Viele der Mitarbeiter hätten eine akademische Ausbildung oder wären Studenten, sprächen aber nicht gut Deutsch oder seien wegen Aufenthaltsgenehmigungen abhängig von der Arbeit.

Die Content-Moderatoren seien "die Putzkräfte unserer Demokratie", sagte die Aktivistin Julia Kloiber von der Organisation Superrr Labs bei der Sitzung. Die Social-Media-Plattformen wüssten Bescheid über die extrem belastende Arbeit und externalisierten die Schäden. Kloiber machte sich für Gesundheitsschutz-Standards stark, die an jene für Polizisten angesiedelt seien, die mit ähnlich belastendem Material zu tun hätten.

In einem Manifest fordern 300 Contentmoderatoren nun ein "Ende der Ausbeutung" und eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen. Unterstützt wird die Aktion von der Gewerkschaft Verdi und den Organisationen Superrr Labs und Foxglove. Unterzeichnet ist das Manifest vor allem von zahlreichen, anonymen Angestellten der Dienstleister Telus und Majorel.

Diese Unternehmen betreiben Callcenter, die neben Kundenservice auch Contentmoderation für große Plattformen wie Facebook oder TikTok übernehmen. Weder Telus noch Majorel nahmen auf Anfrage von heise online Stellung zu den Vorwürfen und Forderungen. Die Gewerkschaft Verdi hatte Majorel bereits in früheren Jahren wegen der Arbeitsbedingungen aufs Korn genommen.

Zu den Forderungen, die die Contentmoderatoren in ihrem Manifest erheben, gehören eine Gefahrenzulage von 35 Prozent des Jahresgehalts sowie Zugang zu unabhängiger psychologischer Betreuung. Ebenfalls wird eine Einschüchterungskultur mit Geheimhaltungsvereinbarungen kritisiert. Es müsse für die Angestellten möglich sein, über die eigenen Arbeitsbedingungen zu reden und sich arbeitsrechtlich zu organisieren. Außerdem sollte die Auslagerung von Moderation ein Ende haben: "Die sicherheitsrelevante Arbeit der Content-Moderation muss von jedem Social-Media-Unternehmen selbst übernommen werden", steht im Manifest.

Und nicht zuletzt wird auch gefordert, dass gleiche Leistung gleichen Lohn erhält. Content-Moderatoren außerhalb Europas und der USA sollten nicht zu Dumpinglöhnen und noch härteren Bedingungen beschäftigt werden dürfen. Über diese Auslagerung in andere Länder berichtete im Bundestag auch der ehemalige Content-Moderator Daniel Motaung, der bis 2019 bei dem US-Unternehmen Sama in Kenia für Meta war tätig war und 2022 zusammen mit anderen ehemaligen Angestellten Klage gegen die Arbeitsbedingungen eingereicht hatte. Es sei sein erster Job nach der Uni gewesen und er habe als ersten Inhalt das Video von einer Enthauptung zu sehen bekommen, so Motaung.

Anbieter Majorel ist auch in diesen Rechtsstreit verstrickt. Die Vorwürfe lauten auf Ausbeutung, Behinderung der gewerkschaftlichen Organisation und Vorspiegelung falscher Tatsachen bei der Einstellung. Nachdem das Time-Magazin über die Zustände berichtet hatte, zog sich Sama dort aus der Content-Moderation zurück. Meta wollte die Aufgaben dann eigentlich an Majorel übergeben, stattdessen müssen sich nun beide vor Gericht verantworten. Zuletzt ordnete das Gericht in Nairobi an, dass Meta die Geschäftsbeziehungen zu Sama und Majorel vorübergehend ruhen lassen müsse.

(axk)