Berlin Music Week: Neue Verwerter braucht das Land

Für Musiker, die noch keine Stars sind, sind Verwertungsgesellschaften wie die GEMA zunehmend kein Partner mehr, sondern Teil des Problems. Auf der Berlin Music Week wird deshalb auch über eine Reform des Systems diskutiert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 31 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Musik machen alleine reicht nicht - reichen aber die Verwertungsgesellschaften in ihrer heutigen Form?

(Bild: Berlin Music Week )

Es sind immer wieder die Daten. Bei digitalen Verwertungsmodellen geht es nicht ohne. Musiker und Labels müssen ihre Daten systematisch erfassen und pflegen, um die verschiedenen digitalen Geldströme anzapfen zu können. Und glaubt man Branchenkennern, dann gibt es insbesondere bei den Verwertungsgesellschaften viel zu holen. "Ich schätze, dass die Verwertungsgesellschaften auf bis zu einer Milliarde Euro an nicht eingeforderten Tantiemen sitzen", sagte Shigs Amemiya am Mittwoch auf der Berlin Music Week.

Amemiya hat das Unternehmen iMusician gegründet, das Musiker beim digitalen Vertrieb ihrer Werke auf verschiedenen Plattformen ebenso unterstützt wie bei der Rechteverwaltung. Dienstleister wie iMusician helfen Musikern, ihre Rechte wahrzunehmen. Denn bei ihnen kommt von dem vielen Geld, das in der Branche immer noch gemacht wird, immer weniger an. Dabei werden die Verwertungsgesellschaft zunehmend nicht mehr als Verbündete gesehen, sondern als Teil des Problems.

"Das alte System kämpft ums Überleben und erstickt dabei den musikalischen Mittelstand", sagte Kevin Smits von Younison, einer gemeinsamen Plattform europäischer Initiativen, die das System der Verwertungsgesellschaften reformieren will. Mit dabei ist auch die deutsche C3S, die eine neue europäische Verwertungsgesellschaft für und von Künstlern gründen will. "Das Grundproblem der Verwertungsgesellschaften ist, dass sie nicht demokratisch sind", sagte C3S-Mitgründer Meik Michalke.

Die Branche hat ein Verteilungsproblem, auch bei den von Verwertungsgesellschaften wie der GEMA verwalteten Tantiemen. "Die oberen 5 Prozent bekommen das meiste Geld und treffen die Entscheidungen", meint Michalke. Die Großen – Musiker und Labels – werden auf Kosten der Kleinen reicher. "Wenn Lady Gaga in diesem Jahr alleine 15 Prozent aller GEMA-Ausschüttungen kassiert, dann ist das euer Geld", sagte Amiemiya. "Wir müssen ein System finden, was für uns alle funktioniert."

Die Musikerin Roxanne de Bastion zeigte an einem Beispiel, wie das funktioniert: Ihre Songs werden weltweit im Radio gespielt. Auf der Abrechnung ihrer Verwertungsgesellschaft PBS schlägt sich das aber nur mit etwas Glück nieder: "Die Radiosender schicken nicht ihre Playlisten an die Verwerter", sagte de Bastion. "Stattdessen schätzt PBS, was sie eventuell gespielt haben könnten".

Dabei wäre eine gerechtere Verteilung der Tantiemen eigentlich kein Problem. "Die Daten sind da", erklärte Michalke, "die Verwertungsgesellschaften nutzen sie nur nicht". Und das nicht, weil sie es nicht könnten: "Das Problem ist nicht fehlende Technik, das Problem ist, das sie es schlicht nicht wollen", meint Smits und will dieses Problem politisch lösen. "Ohne Daten sind Transparenz und Rechenschaft nur leere Worte in einem Gesetz." (vbr)