Bertelsmann: Mehr Musik online, weniger Fachbücher

Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff sieht das Problem der Musikindustrie weniger in Raubkopien und Online-Tauschbörsen. Vom Fachverlag Springer will sich der Konzern möglicherweise trennen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Mit der Übernahme des Labels Zomba (Britney Spears, N’Sync) will Bertelsmann seine Position im Musikmarkt weiter ausbauen -- auch online und mit einem eigenen Musik-Fernsehkanal. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung von heute betonte Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Middelhoff, dass er langsfristig an das Geschäft mit Musik glaube, "auch wenn die Musikindustrie noch mindestens drei magere Jahre vor sich hat".

Das Wachstum bei den CDs fehle -- im Unterschied zu den Verbänden der Musikindustrie führt Middelhoff dies aber weniger auf illegale Raubkopien oder das Tauschen von Musiktiteln im Internet zurück, sondern viel mehr auf Fehler der Industrie selbst. "Die Plattenfirmen haben schlicht geschlafen und sich nur auf ihre Oldies verlassen. Eine lange Zeit ignorierte die Industrie die veränderten Wünsche der Kunden." Eine Abhilfe sieht Middelhoff auch darin, den Kunden nicht mehr zum Kauf einer ganzen CD zu zwingen: "Künftig müssen die Firmen einzelne Songs online zum Kauf anbieten. Wir haben dafür die Internet-Tauschbörse Napster akquiriert", betonte er gegenüber dem Blatt. Außerdem erwäge die RTL Group, die sich im Mehrheitsbesitz von Bertelsmann befindet, einen europäischen Musikkanal aufzubauen.

Von der Fachverlagsgruppe Springer will sich Bertelsmann dagegen trennen. "Geschäfte, die unseren Anspruch nach Marktführerschaft nicht erfüllen und nicht in das Konzept eines integrierten Medienunternehmens passen, stehen auf dem Prüfstand", sagte Middelhoff der Süddeutschen. "Es zeigt sich, dass unsere Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer diese Kriterien nicht erfüllt."

Der Vorstand habe deshalb entscheiden, alle Möglichkeiten zu prüfen. Das schließe einen Verkauf, die Fusion mit einem anderen Verlagshaus oder die Übernahme durch die eigenen Führungskräfte ein. Der Springer-Verlag Heidelberg, nach der Übernahme durch Bertelsmann offiziell BertelsmannSpringer tituliert und nicht zu verwechseln mit dem Axel Springer Verlag in Hamburg, ist in den Bereichen Fachzeitschriften, Newsletter, Fachbücher, CD-ROM, Online-Dienste und Datenbanken tätig. In den Unternehmen der Gruppe sind 5248 Mitarbeiter beschäftigt. Der Umsatz betrug im vergangenen Geschäftsjahr 749 Millionen Euro. Der frühere Vorstandschef des Axel Springer Verlages, Jürgen Richter, ist Vorsitzender der Geschäftsführung. (jk)