Berufungsgericht bestätigt teils Social-Media-Kontaktverbot für US-Behörden

Die Regierung von Joe Biden hat im Kampf gegen Corona-Desinformation auf Facebook & Co. die Grenzen der Verfassung wohl überschritten, urteilen die US-Richter.

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(Bild: Olivier Le Moal/Shutterstock.com)

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Das Weiße Haus, US-Gesundheitsbehörden und das FBI haben offenbar das im ersten Zusatzartikel zur US-Verfassung verbriefte Recht auf freie Meinungsäußerung von Personen verletzt, die in sozialen Medien Beiträge über die Corona-Pandemie und Wahlen veröffentlicht haben. Zu diesem Schluss ist das US-Bundesberufungsgericht für den fünften Bezirk in New Orleans in einem Urteil am Freitag gekommen. Die offiziellen Stellen haben demnach Plattformen wie Facebook, Instagram, YouTube und X alias Twitter unter Druck gesetzt, einschlägige Beiträge mit potenzieller Desinformation herabzustufen oder zu entfernen. Mit der Entscheidung bestätigten die Richter zudem teilweise eine Anordnung des Bundesgerichts für den westlichen Bezirk von Louisiana, die vielen Behörden den Kontakt mit sozialen Netzwerken rund um die Moderation von Inhalten untersagte.

Die drei Berufungsrichter, die alle von Republikanern ernannt wurden, schränkten die Verfügung der niederen Instanz vom Juli aber auch deutlich ein. Diese war ihnen zufolge zu weit gefasst und zu vage. Das abgeschwächte Verbot betrifft vor allem jede direkte oder unterschwellige Drohung mit nachteiligen Konsequenzen, "solange eine Person mit gesundem Menschenverstand die Botschaft von Regierungsseite so auffassen würde, dass sie auf irgendeine Form der Bestrafung anspielt". Beamte wie der Leiter des öffentlichen Gesundheitsdienstes hätten zwar "ein Interesse daran, mit Social-Media-Unternehmen in Kontakt zu treten", gerade wenn es um Themen wie Fehlinformationen und Wahlbeeinträchtigungen gehe. Sie dürften diese ihre Interessen aber nicht in dem Maße vertreten, dass Meinungsäußerungen unterdrückt würden.

Zugleich hat das Berufungsgericht mit seinem Urteil (Az.: 3:22-CV-1213) einige Ämter aus der Anordnung ganz gestrichen. Dazu gehören das Nationale Institut für Allergien und ansteckende Krankheiten, die Cybersecurity and Infrastructure Agency und das Außenministerium. Viele dieser Regierungsstellen machten ihrerseits von ihrem Äußerungsrecht legitimen Gebrauch. Die ursprüngliche Klage reichten die republikanisch regierten US-Staaten Louisiana und Missouri sowie fünf Bürger wie ein Betreiber einer konservativen Webseite ein. Sie waren Regierungsvertretern vor, Plattformen zum Löschen kontroverse Inhalte etwa zu Wahlbetrug und zur Covid-19-Pandemie gezwungen zu haben.

Die Berufungsinstanz hält dazu fest, dass das Weiße Haus die Betreiber durch "einschüchternde Botschaften und Drohungen mit nachteiligen Konsequenzen" genötigt und die Entscheidungsprozesse der Konzerne massiv beeinflusst habe. So habe etwa der Leiter des öffentlichen Gesundheitsdienstes Facebook & Co. als "eines der größten Hindernisse" bei der Bekämpfung der Pandemie bezeichnet: Sie hätten durch Desinformation "den öffentlichen Diskurs vergiftet" und aufgrund ihrer hohen Reichweite dazu beigetragen, die Impfbereitschaft zu senken. US-Präsident Joe Biden warf den Plattformen sogar vor, Menschen so zu töten, ruderte aber rasch wieder zurück.

Die Biden-Regierung hat zehn Tage Zeit, um eine Überprüfung des Urteils durch den Obersten Gerichtshof zu beantragen. Das Weiße Haus erklärte, das Justizministerium analysiere derzeit die Entscheidung und die Optionen für den Gang vor den Supreme Court. "Diese Regierung hat verantwortungsvolles Handeln zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit gefördert, wenn sie mit Herausforderungen wie einer tödlichen Pandemie und ausländischen Angriffen auf unsere Wahlen konfrontiert wird", heißt es in einer Mitteilung. "Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass Social-Media-Plattformen die entscheidende Verantwortung haben, ihre Auswirkungen auf das amerikanische Volk zu berücksichtigen." Letztlich müssten sie dabei aber unabhängige Entscheidungen über die von ihnen präsentierten Informationen fällen.

(bme)