Besonderes elektronisches Anwaltspostfach: Das Chaos nimmt zu

Seite 2: Friendly Fire

Inhaltsverzeichnis

Die BRAK steht dabei unter Beschuss von der eigenen Seite. Die Anwaltsboutique Kather Augenstein ließ am Mittwoch verlauten, dass immer mehr Anwälte den Rücktritt des BRAK-Präsidiums fordern. “Es ist mir unerklärlich, dass weiterhin diejenigen aufklären wollen, die das Desaster zu verantworten haben", sagte dazu Rechtsanwalt Christof Augenstein. Weiter sei er der Meinung: “Hier geht es nicht nur um die Verschwendung von Zwangsbeiträgen der Rechtsanwälte, sondern auch um nutzlose Aufwendungen der Anwaltschaft in Millionenhöhe wie beispielsweise für Lizenzen der Zertifikate, die nun nutz- und wertlos geworden sind. Hierfür schlägt die BRAK nicht einmal eine Entschädigung vor.“

Rechtsanwalt Matthias Bergt, Partner der im IT-Recht und Gewerblichen Rechtsschutz tätigen Kanzlei von Boetticher in Berlin, legt nach: ”Die BRAK versagt gleich doppelt beim beA: zunächst auf der technischen Ebene, dann in der Kommunikation. Anstatt offen und ehrlich zu kommunizieren, dass das beA in seiner aktuellen Form nicht sicher sein kann, wird konstant vertuscht und der Überbringer der schlechten Nachricht geköpft. Ein System für vertrauliche Anwaltskommunikation wird nie akzeptiert werden, wenn man für Sicherheit und Vertraulichkeit dem Anbieter voll vertrauen muss – und dieser so agiert wie die BRAK und ihr technischer Dienstleister Atos.” Für die Zukunft des beA hat er klare Forderungen: “Das beA braucht vollständige Transparenz – einerseits, indem der Quellcode als Open Source offengelegt wird, andererseits, indem die Probleme offen und ehrlich angesprochen werden. Ob das aktuelle BRAK-Präsidium dazu willens ist, darf man bezweifeln.”

Die sich entwickelnde Lage sieht nicht nach einer kooperativen Lösung aus. In der Stellungnahme des DAV werden weite Teile der IT-Architektur der Justiz in Frage gestellt, unzulängliche Regelungen in geltenden Gesetzen und Verordnungen thematisiert und en passant ein paar neue Features für das beA verlangt. Dabei macht der fortschreitende Riss gar nicht mehr beim beA halt. (vowe)