Bewerbungsgespräche während Krankschreibung erlaubt
Wer krankgeschrieben ist, muss nicht unbedingt im Bett bleiben. Wie frei er sich bewegen kann, hängt vom Krankheitsbild ab. Unter Umständen kann er trotz Krankschreibung sogar Bewerbungsgespräche führen.
Grundsätzlich darf der Arbeitgeber erwarten, dass ein arbeitsunfähig krankgeschriebener Arbeitnehmer alles tut, damit er schnell wieder gesund wird und an den Arbeitsplatz zurückkehren kann. Doch das bedeutet nicht, dass dieser zwangsläufig zu Hause und im Bett bleiben muss. Die Erholung muss im Einklang mit seinem Krankheitsbild stehen. So darf ein krankgeschriebener Arbeitnehmer beispielsweise Sport machen, falls dies seiner Genesung zuträglich ist. Und wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zeigt, können sogar Bewerbungsgespräche während der Arbeitsunfähigkeit zulässig sein (Urteil vom 5.3.2013, Az.: 5Sa 106/12).
In dem Fall ging es um einen Abteilungsleiter, der wegen eines eingeklemmten Nervs insgesamt 16 Tage lang krankgeschrieben war. In dieser Zeit bewarb er sich auf eine Stellenanzeige und nahm an dem dazugehörigen Bewerbungsgepräch teil. Es ging um die Position des Geschäftsführers eines städtischen Betriebes und die lokalen Medien berichteten über die Bewerber. Das hatte zur Folge, dass sein aktueller Arbeitgeber ebenfalls von der Bewerbung erfuhr und ihm daraufhin fristlos kündigte. Zu Unrecht, wie die Landesarbeitsrichter aus Mecklenburg-Vorpommern im darauf folgenden Kündigungsschutzverfahren feststellten.
Wie die Richter bestätigten, bedeutet arbeitsunfähig erkrankt zu sein nicht zwangsläufig, dass der Arbeitnehmer das Bett zu hüten oder die eigene Wohnung nicht zu verlassen habe. Er habe aber durch sein Verhalten dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeitsunfähigkeit möglichst rasch überwunden wird. Hierbei hänge es von der jeweiligen Krankheit ab, welche Tätigkeiten dafür unterbleiben müssten.
Der betroffene Arbeitnehmer litt aufgrund des eingeklemmten Nervs an einer Einschränkung der Bewegungsfähigkeit seines rechten Arms. Sein Arzt hatte ihm als Vorgabe lediglich mitgegeben, dass der Arm nicht belastet werden dürfe.
Deshalb, so die Richter, sei nicht zu erkennen, weshalb der Mitarbeiter sich während seiner Arbeitsunfähigkeit nicht für den von ihm angestrebten Arbeitsplatz hätte vorstellen dürfen. Auch der Versuch des Arbeitgebers, seinem Mitarbeiter nachzuweisen, dass er zu diesem Zeitpunkt gar nicht arbeitsunfähig war, scheiterte. Der Mann entband seinen Arzt von der Schweigepflicht, der die medizinische Diagnose vor Gericht bestätigte.
Wie Rechtsanwältin Gertrud Thiery von der Rechtsanwaltskammer des Saarlandes erklärt, hätte der Arbeitgeber die Bewerbung während der Arbeitsunfähigkeit weder als genesungswidriges Verhalten noch als Arbeitsverweigerung werten und dem Abteilungsleiter somit auch nicht kündigen dürfen. ()