Bildet Netze! Netzpolitik.org feiert 20 Jahre mit einer Konferenz

Nicht nur digitale Gefahren für die Zivilgesellschaft und wie sie sich dagegen wehren kann, stehen im Fokus der eintägige Konferenz von netzpolitik.org.

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(Bild: Shutterstock)

Lesezeit: 3 Min.

"Bildet Netze!" lautet das Motto der Konferenz, zu der der Verein Netzpolitik anlässlich seines 20-jährigen Bestehens nach Berlin eingeladen hat. Feierlaune kommt bei einem Blick in die Agenda allerdings eher nicht auf: Es geht um digitalen Kolonialismus, hohle KI-Heilsversprechen, den Aufstieg der AfD und immer wieder um Überwachung durch staatliche Organe – von Geheimdiensten, der Bundeswehr oder auch durch Ausländerbehörden.

Trübsal wird bei Bildet Netze! dennoch nicht geblasen, die Stimmung ist eher kämpferisch als resigniert, was sich im Konferenzprogramm spiegelt. Dort finden sich diverse Punkte, die – getreu dem Konferenzmotto – explizit der Vernetzung dienen, um dadurch eine wehrhaftere Zivilgesellschaft zu schaffen.

Außerdem versprechen viele der Vorträge, sich konstruktiv mit Problemen auseinanderzusetzen und Abhilfemaßnahmen vorzuschlagen. Neben politischen Forderungen mündet das oft auch in praktischen Tipps für die Konferenzteilnehmer, etwa wenn Janik Besendorf und Leonie Ammar von Reporter ohne Grenzen erklären, wie man sich gegen Staatstrojaner zur Wehr setzt.

Den Konferenzauftakt auf der Hauptbühne bestritten Sebastian Meineck und Ingo Dachwitz von Netzpolitik.org zusammen mit Katharina Brunner vom Bayerischen Rundfunk. Sie erzählten von ihrer gemeinsamen Recherche zu den Databroker Files: 3,6 Milliarden Standortdaten von Smartphones hatte das Kooperationsprojekt von einem US-amerikanischen Datenhändler angefragt und bekommen – vermittelt über ein deutsches Startup, das als "Datenmakler" agiert.

Die drei erklärten, wie sie den Datenwust ausgewertet haben und beispielsweise Bewegungsprofile von Politikern oder Mitarbeitern beim Militär nachvollziehen konnten. "ADINT" (von "advertising intelligence", also Aufklärung durch Werbung) nennt sich diese, nicht nur bei Geheimdiensten sehr beliebte Form der Informationsbeschaffung.

Auch Meineck, Dachwitz und Brunner schlossen ihren Vortrag einerseits mit der Forderung ab, dergleichen zu verbieten und vor allem bereits bestehende Verbote auch durchzusetzen. Daneben gaben sie auch praktische Tipps, wie sich Nutzerinnen und Nutzer gegen das Tracking wehren und den Aufsichtsbehörden Beine machen können.

In einem Podiumsgespräch mit Steven Levy ging Daniel Leisegang, Co-Chefredakteur bei netzpolitik.org, der Frage nach, was aus den Prinzipien der Hackerethik geworden ist. Levy hatte die Ethik vor genau 40 Jahren in seinem Buch "Hackers – Heroes of the Information Revolution" erstmals formuliert. Wer dem englischen Gespräch per Simultanübersetzung auf Deutsch lauschen wollte, musste Smartphone und eigene Kopfhörer mitbringen. Eine von diversen Maßgaben, mit denen Bildet Netze! den üblichen Konferenzmüll aus Billigelektronik, Plastikramsch und Umhängebändern reduzieren möchte.

Am Nachmittag geht es unter anderem mit einer Analyse der EU-Digitalpolitik weiter, der "Notfalldigitalisierung" der Universität der Künste Berlin mit Open-Source-Software und einer Podiumsdiskussion zu den aktuellen Wahlerfolgen der AfD. Bei letzterer gehört Arne Semsrott von FragDenStaat zum Panel, was zumindest amüsanten Zweckoptimismus verheißt. Viele der Vorträge werden auf YouTube live gestreamt und sollen nach der Konferenz auch als Aufzeichnungen verfügbar werden.

Am Abend folgt dann noch eine "große Party", denn trotz – oder gerade wegen – all der ernsten Themen: Zwanzig Jahre netzpolitik.org sind ein guter Grund zu feiern. Gratulation!

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(syt)