Bill Gates: Wir verändern die Zukunft der Spiele-Konsolen

Bill Gates stellte offiziell Microsofts X-Box vor, die nach seinen Angaben den Markt für Spiele-Konsole umkrempeln soll.

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Von
  • Dr. Sabine Cianciolo

Geht es nach Microsoft, ändert sich die Landschaft der Computer-Spiele und Game-Konsolen grundlegend. Lange kochte die Gerüchteküche, nun stellte Bill Gates persönlich, inzwischen Chief Software Architect der Software-Bastler aus Redmond, Microsofts Spiele-Konsole X-Box vor: "Microsoft fühlt sich verpflichtet, dem Heim-Anwender großartige Software zur Verfügung zu stellen. Die X-Box ist ein neuartiges Gerät, das unsere besten Technologien verbindet." Allerdings müssen wir auf das Wunderding noch ein Weilchen warten: Verfügbar soll die Konsole erst zum Weihnachtsgeschäft 2001 sein.

Die Spannung vor der offiziellen Vorstellung der Microsoft-Konsole war trotzdem groß. Bereits zwei Stunden vor der Keynote-Rede von Gates auf der Games Developer Conference bildete sich eine Schlange, die sich in kürzester Zeit um das gesamte Gebäude wickelte. Während seiner Rede stellte der Ex-Microsoft-Boss offiziell die X-Box vor, die, glaubt man seinen Worten, "die Zukunft der Spiele-Konsole grundlegend verändern wird". Microsoft will dabei nicht einfach das Spiele-Konzept des PCs auf ein anderes Gerät übertragen, sondern eine neue Plattform anbieten, die Spiele-Entwickler und Endanwender gleichermaßen anspricht. So muß die X-Box beispielsweise nicht gebootet werden und benötigt keine Software-Installation.

Aber technisch gesehen handelt es sich bei der Konsole, die mit Sonys Playstation 2, Segas Dreamcast und dem neuen Gerät von Nintendo konkurrieren soll, dennoch um eine Art PC, der an den Fernseher angeschlossen wird. John O'Rourke, bei Microsoft für die weltweite Vermarktung von Spielen zuständig, betonte angesichts der Spezifikation aber gleich: "Die X-Box ist kein PC. Der PC ist ein Allzweckgerät, die X-Box ist fürs Spielen entwickelt." Zumindest das Aussehen unterscheidet sich fundamental von einem gewöhnlichen Arbeitsplatzrechner: Der Prototyp kommt in Gestalt eines silbrig funkelnden X, in dessen Mitte ein gläsernes Auge schillert. Die endgültige Form der Konsole sei aber noch offen.

Die Angaben zum Innenleben eines Geräts, dass erst in mehr als anderthalb Jahren erscheinen soll, sind natürlich mit Vorsicht zu genießen. Recht beeindruckend sind die Eckdaten des X-Box-Prototypen, die Bill Gates in seiner Keynote bekannt gab, aber trotzdem. Offiziell spricht nun auch Microsoft von einer Intel-Pentium-III-CPU mit 600 MHz Taktfrequenz oder mehr. Für die Grafik benutzt die X-Box einen speziell von Nvidia und Microsoft entwickelten Grafikprozessor (bislang X-Chip genannt) mit bis zu 64 MByte RAM – der Grafikspeicher wird aber wohl über die so genannte Unified Memory Arhcitecture vom Hauptspeicher der Konsole abgeknapst.

Außerdem kommt die X-Box mit einem 4X DVD-Laufwerk, einer 8-MByte-Memory-Card, 8-GByte-Festplatte, USB-Anschluss, Ethernet mit 100 MBit/s, Unterstützung für hochauflösendes TV (HDTV), 64 Audio-Kanälen und Support für 3D-Audio. Die maximale Bildschirmauflösung beträgt 1920 x 1080; das Betriebssystem basiert auf einem Windows-2000-Kernel.

Vor allem der Grafik-Chip dürfte Konkurrent Sony und dessen Playstation 2 das Fürchten lehren. Der X-Chip ist mit einer Taktfrequenz von 300 MHz doppelt so schnell wie der von Sony. Er bietet daher eine dementsprechend höhere Performance: 300 Millionen Polygone pro Sekunde, vier simultane Texturen, eine Pixel-Füllrate von 4.8 G/s (anti-aliased, 2 Texturen) und eine Komprimierungsrate für Texturen von 8:1.

Die Netzwerkanschlüsse sowie die für Spiele-Konsole ungewöhnliche 8 GByte große Festplatte zeigen zudem, worauf Microsoft bezüglich Distribution von Spiele-Software hinaus will. Das Ethernet-Interface soll beispielsweise zur Verbindung mit dem Internet über breitbandige Zugänge wie Kabelmodems oder DSL-Router dienen. Microsoft dürfte damit die technische Grundlage für ein neues Vertriebskonzept für Spiele-Software legen. Der Einkauf der neuesten Games über das Internet und ihr direkter Download auf die Konsole rückt mit der Spezifikation der X-Box näher.

Trotz der sehr PC-ähnlichen Architektur sollen PC-Spiele nicht auf der X-Box und X-Box-Games nicht auf dem PC laufen. Microsoft will aber beide Software-Schienen parallel weiter verfolgen: PC-Spiele aus Redmond wird es also weiterhin geben.

Auch wenn Gates recht selbstbewußt bei der Vorstellung der X-Box auftrat – Hauptkonkurrent Sony hat mit seiner Playstation 2 einen großen Vorteil: Die PlayStation 2 kommt bereits in diesem Herbst auf den Markt, in Japan ist sie schon verfügbar. Ob die Anwender bis zum Herbst nächsten Jahres auf Microsofts X-Box warten wollen und was die anderen Hersteller von Spiele-Konsolen bis dahin an Abwehrmaßnahmen gegen die Redmonder Neulinge in dem Geschäft unternehmen, wird sich zeigen. Zumindest hat Microsoft schon eine ganze Reihe von Spiele-Entwicklern für die X-Box auf seiner Seite – darunter beispielsweise Electronic Arts, Konami, Acclaim, Infogrames, Activision, Take-Two, Lionhead Studios, Sierra Studios, Midway und Universal Interactive Studios. (Sabine Cianciolo) (jk)