Bislang nächstgelegenes Schwarzes Loch in "kosmischem Hinterhof" gefunden
In dem riesigen Datenschatz von Gaia hat eine US-Forschungsgruppe ein großes Schwarzes Loch gefunden, das uns näher ist als alle, die wir bislang kennen.
Eine Forschungsgruppe aus den USA hat nach eigenen Angaben das uns bislang nächste Schwarze Loch entdeckt. Wie das Team um die Physikerin Sukanya Chakrabarti von der Universität Alabama erläutert, kommt das Objekt ihrer Analyse zufolge auf etwa 12 Sonnenmassen und ist lediglich 1550 Lichtjahre entfernt, "es ist also praktisch in unserem Hinterhof". Entdeckt wurde es in dem immensen Datensatz des ESA-Weltraumteleskops Gaia, das einen immer präziseren und umfangreicheren Himmelsatlas erstellt. Das Sternsystem, in dem das Schwarze Loch entdeckt wurde, trägt deshalb bislang die Bezeichnung Gaia DR3 43734653524153016, das Objekt selbst wäre dann Gaia BH1.
Hoffen auf viele weitere versteckte Schwarze Löcher
Gesucht haben die Forscher und Forscherinnen unter den 200.000 Doppelsternsystemen, die im jüngsten Data Release 3 von Gaia zusammengetragen sind. Ausschau gehalten haben sie nach Objekten, die den präzisen Messungen zufolge zwar von einem massereichen Objekt begleitet werden sollten, deren Helligkeit aber auf kein weiteres Objekt hinweist. Als sie fündig geworden sind, könnten sie aus einer Analyse der Daten auf Eigenschaften des Schwarzen Lochs schließen. Das ist demnach still und braucht auf einem langperiodischen Orbit 185 Erdentage für einen Umlauf um den Stern. Auch weitere spektroskopische Messungen hätten den Fund bestätigt. Ähnlich sollten sich noch viele weitere solche Schwarze Löcher finden lassen, meinen sie. Ihre Forschungsarbeit ist für die Veröffentlichung im Astrophysical Journal akzeptiert worden.
Sollten tatsächlich bald weitere solche Schwarzen Löcher gefunden werden, könnten sie eine bislang unbekannte Population der extremen Himmelskörper darstellen, die wenig mit ihrer Umgebung agieren und deshalb nur schwer zu finden sind. Schon simple Schätzungen würden nahelegen, dass es in unserer Milchstraße rund eine Million sichtbare Sterne gibt, die von einem massiven Schwarzen Loch begleitet werden, erklärt Chakrabarti. Weil es aber hunderte Milliarden Sterne in unserer Heimatgalaxie gibt, gleiche die Suche danach trotzdem der nach der berühmten Nadel im Heuhaufen: "Die Gaia-Mission mit ihren unglaublich präzisen Messungen erleichtert uns die Suche, indem sie die Zahl der möglichen Ziele deutlich verkleinert."
Immens ertragreiches ESA-Instrument
Das Weltraumteleskop Gaia wurde 2013 gestartet und lichtet mit einer Gigapixelkamera kontinuierlich den Sternenhimmel ab. Mittels der Parallaxenmessung kann es auf seinem Weg um die Sonne die Position unzähliger Sterne sowie Galaxien und im Laufe der Zeit auch deren relative Bewegung genau bestimmen. Mit der Zeit werden die Daten nicht nur präziser, es können auch immer mehr Objekte in den Katalog aufgenommen werden.
Die erste veröffentlichte Sammlung enthielt Messdaten zu etwa einer Milliarde Sterne, 2018 waren es schon fast 1,7 Milliarden, 2020 noch einmal über 100 Millionen mehr. Der Gaia Data Release 3 enthält neue und verbesserte Daten zu fast zwei Milliarden Sternen in der Milchstraße. Bis zur Inbetriebnahme des Weltraumteleskops James Webb war Gaia das wichtigste Weltraumteleskop und hatte an der Zahl der Veröffentlichungen sogar Hubble überholt.
(mho)