Bistabile Strukturen: Wie Energiebarrieren fein abgestimmt werden können

Bistabile Strukturen können hohe Kräfte schnell entfalten und eignen sich etwa für Robotergreifer. Nun kann das Umschnappen genau abgestimmt werden.

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Ein Beispiel für den Einsatz einer bistabilen Struktur: Eine Fliegenfalle löst bei Berührung durch eine Biene aus.

(Bild: SIAT)

Lesezeit: 3 Min.

Ein Forschungsteam des Shenzhen Institute of Advanced Technology (SIAT) der Chinesischen Akademie der Wissenschaften hat ein System für bistabile Strukturen geschaffen, deren Energiebarrieren "programmiert" und so die Auslösungskräfte fein abgestimmt werden können. Diese Strukturen lassen sich in der Robotik einsetzen, um etwa eine Fortbewegung mit hoher Geschwindigkeit zu erzielen oder schnelles Greifen zu ermöglichen. Die Wissenschaftler demonstrieren die von ihnen entwickelte Technik anhand verschiedener Prototypen, darunter eine Roboterfliegenfalle und ein High-Speed-Greifer.

In der Natur können bistabile Strukturen schon bei kleinsten physikalischen Reizen unter schneller Reaktion eine hohe Kraft entfalten. Die Forscher des SIAT haben das nachgebildet und konfigurierbar gemacht, wie sie in der in Cell Reports Physical Science veröffentlichten Studie "Ultra-turnable bistabile structures for universal robotic applications" beschreiben.

Dazu haben sie eine bistabile Struktur durch Falten eines Blattmaterials nach einem bestimmten Faltmuster erstellt. Die Struktur verfügt über einen stabilen Zustand, einen metastabilen Zustand sowie mehrere Zwischenzustände. Der Übergang zwischen dem metastabilen Zustand und dem stabilen Zustand erfolgt über einen kritischen Kipppunkt, an dem die gespeicherte Dehnungsenergie ihren Maximalwert erreicht und dann schnell umschnappt.

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Das Wissenschaftsteam hat nun durch eine spezifische Falttechnik eine Möglichkeit gefunden, die Energiebarriere so zu beeinflussen, dass schon geringere externe Reize ausreichen, um das schnelle Umschnappen auszulösen. Die Auslösekraft lässt sich dadurch für die bistabile Struktur genau auf den gewünschten Einsatzzweck abstimmen.

Die Wissenschaftler testeten die vorgeschlagene Struktur und wiesen dabei nach, dass die Auslösekraft auf 0,1 Prozent ihres Maximalwerts eingestellt werden konnte. Anhand von damit erstellten Greifern zeigte sich ein Unterschied beim angehobenen Gewicht in einer Größenordnung von 107.

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"Wir können die Struktur auf einen ultraempfindlichen Zustand einstellen, sodass sie auf eine winzige Stimulation reagiert, die so sanft ist wie die Berührung einer fliegenden Biene. Wir können die Struktur aber auch auf einen unempfindlichen Zustand einstellen, sodass selbst eine 110 g schwere Stahlkugel die Energiebarriere nicht durchbrechen kann", sagt Dr. Li Yingtian, Leiter des Forschungsprojektes an der SIAT.

Um das Potenzial der entwickelten bistabilen Strukturen aufzuzeigen, baute as Team damit verschiedene Prototypen wie einen Greifer für einen Roboter, einen Springer, einen Schwimmer, einen Thermoschalter, ein Sortiersystem und eine Roboterfliegenfalle. Die Fliegenfalle konnte so eingestellt werden, dass sie bereits bei der Stimulation durch eine Biene innerhalb von 10 ms auslöst. Der Greifer kann einen Tischtennisball ebenfalls mit einer hohen Geschwindigkeit von 10 ms einfangen. Der Springer erreichte eine Sprunghöhe, die das 24-fache der eigenen Körpergröße beträgt.

Li und sein Team sehen ein breites Anwendungsspektrum der vorgeschlagenen bistabilen Strukturen bei zugleich hoher Leistung. "Diese Arbeit könnte die Grenzen des Designs von bistabilen Strukturen erweitern und einen Weg zu zukünftigen Designs in der Robotik, Biomedizintechnik, Architektur und kinetischen Kunst weisen", sagt Li.

(olb)