Bit-Rauschen: CPU-Pläne für 2021, Benchmark-Kämpfe, RISC-V-Aufschwung

Auch scheußliche Jahre enden irgendwann: Zeit für einen Prozessor-Ausblick auf 2021. Intel attackiert AMD auf schräge Art und RISC-V zieht im Smart Home ein.

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Das Coronavirus-Jahr 2020 neigt sich seinem Ende zu. Manche Chip-Versprechen blieben unerfüllt. AMD etwa wird den Serverprozessor Epyc Milan mit Zen-3-Technik erst Anfang 2021 bringen. Das passt Intel gut in den Kram, denn auch die Ice-Lake-Xeons sind nicht fertig. So konnte Intel für einige wenige Supercomputer-Anwendungen versprechen, dass 32 dieser neuen Xeon-Kerne um bis zu 30 Prozent schneller rechnen als 64 aktuelle Epyc-Kerne.

Wenn es bei Intel 2021 endlich nach Plan läuft, werden Ice-Lake-Xeons aber nur wenige Monate aktuell sein, denn dann baut Intel mit "Sapphire Rapids" kräftig um: Es kommen Golden-Cove-Prozessorkerne mit BFloat16 und Advanced Matrix Extensions (AMX) sowie DDR5-RAM und PCI Express 5.0 mit kohärentem Compute Express Link (CXL).

Diese vierte Xeon-SP-Generation soll aus vier Chiplets bestehen mit insgesamt bis zu 56 Kernen. Angeblich plant Intel für Supercomputer auch 400-Watt-Varianten, die superschnelles HBM2-RAM mitbringen, quasi als L4-Cache. AMD dürfte 2022 mit den "Genoa"-Epycs (Zen 4) bei DDR5-RAM und PCIe 5.0 nachziehen.

Zur virtuellen CES-Konferenz Anfang Januar 2021 erwartet man von AMD die nächste Generation der Mobilprozessoren, also die Ryzen 5000U alias Cezanne; vielleicht kommen auch Ryzen 5000H. Die Online-Datenbank des Benchmarks Geekbench liefert erste, jedoch verwirrende Hinweise auf den Ryzen 5000U: Möglicherweise kommen zwei Varianten, außer Cezanne mit Zen-3-Kernen vielleicht auch noch Lucienne mit Zen 2, aber einer stärkeren GPU.

Beim 15-Watt-Typ Ryzen 5000U wird es jedenfalls spannend, ob er zumindest bei Multithreading Apples ARM-Renner M1 einholt und somit die x86-Ehre rettet. Wenn das klappt, sollte es HP, Dell und Lenovo anspornen, endlich mehr schicke Ryzen-Notebooks auf den Markt zu werfen.

Intel könnte zur CES endlich Achtkern-Versionen der aktuell nur als Vierkerner lieferbaren Tiger Lakes für Notebooks bringen, allerdings wohl nicht als 15- oder 28-Watt-Typen, sondern mit 45 Watt (Tiger Lake-H). Wie sehr die wachsende AMD-Konkurrenz Intel beunruhigt, zeigte ein schräger Vergleich des "Chief Performance Strategist" Ryan Shrout, der bis 2018 seine Website PC Perspective leitete. Er wollte nachweisen, dass die Performance von Ryzen-4000-Notebooks im Akkubetrieb drastisch einbricht im Vergleich zum Netzbetrieb. Allerdings schoss er sich dabei in die Socken. Auch bei Userbenchmark.com finden sich seltsame Vergleiche zu Intels Gunsten.

Für Desktop-PCs hat Intel den Rocket Lake-S fürs erste Quartal 2021 avisiert, der zwar PCIe 4.0 und schnellere Sunny-Cove-Kerne bringt, aber immer noch mit 14-Nanometer-Strukturen auskommen muss. Erst in der zweiten Jahreshälfte dürfte der 10-Nanometer-Chip Alder Lake folgen, einerseits als Alder Lake-S für PC-Mainboards mit der Fassung LGA1700 sowie andererseits als Alder Lake-P für Notebooks.

Intel kombiniert bei Alder Lake starke Kerne mit "Golden Cove"-Mikroarchitektur mit sparsameren "Gracemont"-Kernen, angeblich jeweils bis zu acht Kerne (8+8) und je nach Preis- und Watt-Klasse unterschiedlich viele (6+8, 6+4, 4+8, 2+8 …). Damit hält das aus der ARM-Welt bekannte – und von Apple auch im M1 genutzte – big.LITTLE-Konzept bei x86-Prozessoren auf breiter Front Einzug.

Alder-Lake-Nachfolger mit 7-Nanometer-Technik erwartet man dann ab 2022 als Meteor Lake und Lunar Lake, wiederum mit weiter optimierten Rechenkernen wie Ocean Cove. Ab welcher CPU-Generation Intel Microsofts Sicherheitskern "Pluton" einbauen wird, ist unklar.

Während man weiter auf bezahlbare Prozessoren für Minicomputer mit der offenen Befehlssatzarchitektur RISC-V warten muss, geht es bei Mikrocontrollern rascher voran. Die chinesische Firma Espressif, die ihre bei IoT-Bastlern beliebten ESP-Mikrocontroller mit eingebautem WLAN verkauft, setzt beim kommenden ESP32-C3 auf RISC-V.

Der programmierbare Akku-Lötkolben Pinecil von Pine64 hat offene Firmware und einen RISC-V-Mikrocontroller.

(Bild: Pine64/Twitter)

In WLAN-Schaltsteckdosen aus dem Baumarkt, die als 10-Euro-Ramschware wohl zu den am häufigsten genutzten (und gehackten) Smart-Home-Geräten gehören, könnte sich RISC-V also künftig über die Welt ausbreiten. Und der ebenfalls chinesische GD32V-Mikrocontroller mit RISC-V, mit dem wir in Form des Sipeed Longan in c’t 3/2020 herumgespielt hatten, steckt auch im Akku-Lötkolben "Pinecil" mit offener Firmware für trendbewusste Maker.

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c’t 26/2020

Dieser Artikel stammt aus c’t 26/2020. Darin hat die Redaktion den Bausatz für das c’t-Notfall-Windows aktualisiert, mit dem Sie einen bootfähigen USB-Stick erzeugen können, um Daten zu retten, Viren zu jagen oder Bootprobleme zu lösen. Außerdem gibt es einen Test aktueller High-End-Smartphones, spannender Fitness-Tracker und Streaming-Sticks zum nach- und aufrüsten von TV-Funktionen. Dazu gibt es weitere Tests, jede Menge Praxis und eine ganze Ladung voller Tipps zur Heimnetz-Verkabelung. c't 26/2020 ist ab sofort im Heise-Shop und am gut sortierten Zeitschriftenkiosk erhältlich.

(ciw)