Bit-Rauschen: Die Intel-Chipfabrik in Magdeburg steht auf der Kippe

Intel rutscht immer tiefer in die Krise, spottet aber über AMD und Qualcomm. AMD bringt Updates spät oder gar nicht und Forscher entwickeln supersparsame Chips.

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Pat Gelsinger steht als Intel-Chef unter extremem Druck. Intels Aktienkurs schmilzt wie Butter in der Sonne, es droht der Rauswurf aus dem Dow Jones und der Börsenwert beträgt kaum noch 85 Milliarden US-Dollar – vor drei Jahren waren es über 200 Milliarden. Manche sehen Intel als Übernahmekandidat, Spekulationen schießen ins Kraut. Nvidia hat einen prallgefüllten Geldspeicher; die Auftragsfertiger TSMC oder Samsung könnten einen potenziellen Konkurrenten ausschalten wollen, bevor er gefährlich wird. Die Verschmelzung mit Globalfoundries würde hingegen die Chipfertigung im US-Homeland stärken.

Aus deutscher und europäischer Perspektive interessiert vor allem, wie es mit dem geplanten Chipwerk in Magdeburg weitergeht, aber dazu gibt sich Intel schmallippig. Für die Fab in Irland und eine in Arizona fand Intel Co-Investoren wie die Investmentfirma Apollo, die jeweils 49 Prozent der Anteile als Kapitalanlage übernehmen und dadurch die Schuldenlast drücken.

Der Chip SNAFU-Arch braucht extrem wenig Strom und vereint einen RISC-V-Kern mit 256 KByte SRAM sowie einem Ultra Low Power Coarse-Grain Reconfigurable Array (ULP-CGRA).

(Bild: Graham Gobieski, Carnegie Mellon University (CMU))

Bis zum Redaktionsschluss dieser c’t-Ausgabe gab es keine offiziellen Aussagen von Intel, aber intern und im Vorstand (Board of Directors) diskutierte man Szenarien zur Restrukturierung. Der renommierte US-Investor Lip-Bu Tan, der unter anderem die Chipdesign-Firma Cadence jahrelang führte, trat schon Ende August zurück. Der 64-Jährige verabschiedete sich mit höflichen Worten, die aber deutlich machten: Hier verschwende ich meine Zeit. Es sickerte durch, dass er deutlich mehr Entlassungen und eine stärkere Fokussierung des Unternehmens auf die wichtigsten Ziele für nötig hält.

Ein Silberstreif am Intel-Horizont ist der Mobilprozessor Core Ultra 200V alias Lunar Lake, der in vielen Disziplinen gegen Qualcomm Snapdragon X und AMD Ryzen AI 300 punktet (siehe Seite 44). Allerdings entstammen die wichtigsten Lunar-Lake-Chiplets nicht der Fertigung von Intel, sondern von TSMC. Mit Intel 18A soll sich das 2025 ändern, beteuert Gelsinger. Aber für externe Kunden ist der Einstieg in die 18A-Fertigung zäher als gedacht, weil mehr Arbeit an der Chipdesignsoftware nötig sei als erwartet.

AMD hat eine lange Geschichte der Softwarepannen. Ein Ende ist nicht in Sicht, obwohl man sich selbst zur Software-Company ausgerufen hat. Im August zeigte sich, dass mehrere Ryzen-Generationen deutlich vom Windows-11-Update KB5041587 profitieren, vor allem in PC-Spielen. Der Hintergrund ist wohl, dass Windows 11 zuvor unnötig scharfe Schutzmaßnahmen gegen potenzielle Malware-Attacken vom 2018 enttarnten Spectre-Typ umsetzte. Das Update ist eine gute Nachricht. Aber man fragt sich, weshalb sie AMD nicht schon bei der Markteinführung des Ryzen 9000 verkündet hat.

Und die Windows-11-Treiber für die eigentlich von Xilinx entwickelte Ryzen-AI-NPU funktionieren noch immer nicht richtig. Das rieb Intel bei der Vorstellung des Core Ultra 200V AMD unter die Nase. Intel präsentierte genüsslich Folien mit KI-Benchmarkbalken, auf denen Ryzen AI immer wieder als Totalausfall glänzte. Qualcomm bekam in der Gaming-Disziplin sein Fett weg: Die auf alte ATI-Technik zurückgehende Adreno-GPU (deren Name ein Anagramm von Radeon ist) im Snapdragon X hat zwar durchaus einigen 3D-Wumms, taugt aber in der Praxis bisher kaum für Spiele. Intel kennt sich diesbezüglich gut aus, denn für die anfangs murksigen Treiber für die erste Generation der Arc-Grafikkarten bezog man selbst kräftig Prügel.

Raspbery-Pi-Chef Dr. Eben Upton, der seit 2016 – neben anderen Ehrentiteln – auch den eines Commanders of the British Empire (CBE) trägt, ist vermutlich ziemlich sauer. Denn im selbst entwickelten Mikrocontroller RP2350, auf den er sehr stolz ist, steckt ein blöder Fehler, den das Datenblatt als Erratum RP2350-E9 verzeichnet. Er geht wohl auf ein zugekauftes Designmodul für die I/O-Schaltungen zurück und schränkt den Funktionsumfang der GPIO-Pins ein. In vielen Anwendungsfällen lässt sich der Bug zwar durch Anschluss externer Widerstände umgehen, aber in manchen Schaltungen lässt sich der ältere RP2040 nun doch nicht so leicht durch einen RP2350 ersetzen, wie geplant.

Noch genügsamere Chips entwickelt Efficient Computer, ein Start-up von Forschern der Carnegie-Mellon-Uni (CMU) in Pittsburgh. Es geht um rekonfigurierbare Logik (Coarse-Grain Reconfigurable Array, CGRA) aus zahlreichen Processing Elements (PEs), die in supersparsamer Ultra-Low-Power-Halbleitertechnik gefertigt werden. Solche ULP-CGRAs sollen zehn Jahre lang mit einer Batterieladung rechnen und eignen sich damit etwa für implantierbare Medizintechnik.

Zum Schluss ein Adieu an das US-amerikanische Online-Hardwaremagazin Anandtech, das der seit zehn Jahren für Apple tätige Anand Lal Shimpi als 14-Jähriger ins Leben rief. Nach 27 Jahren ist nun Schluss, weil sich das Geschäft für die Konzernmutter nicht mehr lohnt.

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(ciw)