Bit-Rauschen: Hurrikan Helene drohte die Chipfertigung zu bremsen
Quarzsand kann ein kritischer Rohstoff sein, wenn er besonders rein sein muss. Intel bringt neue Desktop-Prozessoren und TSMC will weitere Fabs in Europa bauen.

Der Hurrikan Helene tötete in den USA 230 Menschen und bedrohte auch die weltweite Chipfertigung. Denn am 29. September überschwemmten heftige Regenfälle die Gegend um das Städtchen Spruce Pine in North Carolina. Und von dort, aus den Blue Ridge Mountains in den Appalachen, kommt der größte Teil des Quarzsands, der weltweit zu Siliziumwafern für Solarzellen für die Photovoltaik verarbeitet wird. Wesentlich weniger – aber noch reineres – Silizium ist für die Chipfertigung nötig.
Die europäischen Firmen Sibelco (Belgien) und The Quartz Corp (Norwegen) betreiben bei Spruce Pine Steinbrüche, die besonders reinen Rohstoff liefern. Sibelco hat vor wenigen Jahren rund 200 Millionen US-Dollar in eine Aufbereitungsanlage für Quarzsand vor Ort investiert. The Quartz Corp verfrachtet das vorgereinigte Rohmaterial hingegen ins norwegische Drag. Der reine Quarzsand geht dann weiter an andere Hersteller, die daraus hochreines Silizium für die Zucht großer Einkristalle produzieren oder auch Schmelztiegel (Crucibles), in denen polykristalline Rohlinge (Ingots) für Solarwafer erstarren. Laut der European Solar PV Industry Alliance kommt rund 80 Prozent des weltweit zu Solarzellen verarbeiteten Quarzsands aus den Steinbrüchen in den Appalachen. Zum Glück horten die beiden Firmen größere Vorräte und zehn Tage später gab es Entwarnung: Die Produktion lief wieder an.
(Bild:Â The Quartz Corp)
Intels neue Desktop-PC-Prozessorfamilie Core Ultra 200S alias Arrow Lake-S startet ganz gut. Allerdings ist das Rennen gegen den AMD Ryzen 9000 eng. Noch im November will AMD Varianten davon mit Stapelcaches herausbringen. FĂĽr PC-Gamer bleiben diese Riesencache-Ryzens wohl erste Wahl.
Intel kitzelt mit neuartigen CU-DIMMs (Clocked Unbuffered) noch ein bisschen Mehrleistung aus den Core Ultra 200S: Bei diesen anfangs recht teuren DDR5-Speicherriegeln sorgt der Zusatzchip Client Clock Driver (CKD) für präzise Taktsignale. Dadurch erreichen sie statt maximal DDR5-5600 bis zu DDR5-6400 und somit eine um rund 14 Prozent höhere Datentransferrate – wohlgemerkt ohne zu übertakten.
Zunächst bringt Intel nur teure K-Versionen von Core Ultra 5/7/9 200S und auch die dafür nötigen LGA1851-Boards gibt es anfangs nur mit dem teuersten Chipsatz Z890. Günstige Prozessoren und Boards dürften Anfang 2025 folgen, vermutlich kündigt Intel sie auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas an.
TSMC will mehr Euro-Fabs
Im August feierte die European Semiconductor Manufacturing Corporation (ESMC) in Dresden den ersten Spatenstich für ihre Chipfabrik. ESMC ist ein Joint Venture des weltgrößten Chip-Auftragsfertigers TSMC aus Taiwan mit den hiesigen Firmen Infineon, Bosch und NXP. Nun wurde bekannt, dass TSMC weitere Investitionen in Europa plant, nur nicht, wo und wann. Wu Cheng-Wen, der Leiter des taiwanischen Nationalrats für Wissenschaft und Technologie (National Science and Technology Council, NSTC), verkündete diese Pläne Mitte Oktober im Gespräch mit Bloomberg TV. Das dürfte Spekulationen anheizen, dass TSMC sich für Intels Bauplatz in Magdeburg interessieren könnte. Denn dort geht es vorerst nicht weiter, weil Intel mindestens zwei Jahre pausiert.
Während ESMC erst 2027 loslegen soll, läuft das neue TSMC-Werk (Fab) im japanischen Kumamoto schon an. Bis 2027 soll dort noch eine zweite Fab entstehen, ähnlich wie bei ESMC in Kooperation mit japanischen Firmen, nämlich Sony und Toshiba. Auch das erste US-Werk von TSMC in Phoenix produziert angeblich bereits Chips im Probebetrieb, und zwar den älteren Apple A16 in der Fertigungstechnik N4P. Offiziell startet die dortige Fab 21 erst 2025. Doch TSMC baut auch in Phoenix schon eine zweite Fab, die 2028 loslegen soll, und plant sogar eine dritte bis 2030. Insgesamt sind derzeit also bereits sechs TSMC-Fabs in Europa, den USA und Japan im Bau oder geplant. Da ist es fraglich, ob eine weitere europäische Fab höchste Priorität hat.
Denn so richtig rund läuft der Chipmarkt derzeit nicht. Die PC-Verkäufe stagnieren trotz der neuen KI-Notebooks. Die seit Juni erhältlichen Windows-on-ARM-Klapprechner führten im dritten Quartal jedenfalls nicht zum Aufschwung. Von den zuerst vorgestellten und teuren Edelnotebooks mit Snapdragon X Elite war das auch nicht zu erwarten, weil sie nur einen kleinen Teil des gesamten Marktes bedienen. Doch die Preise rutschten schon unter die 1000-Euro-Marke und mittlerweile sind Geräte mit dem schwächeren Snapdragon X Plus ab 850 Euro zu haben. Verlässliche Schätzungen der ARM-Marktanteile gibt es bisher nicht.
Zum Bit-Rauschen gibt es regelmäßig auch einen Podcast.
(ciw)