Bit-Rauschen: Intels Arc-Grafikkarten, Patentstreit und virtueller Nvidia-CEO

Intels Grafikchip verzögert sich weiter, zudem gibt es Ärger um Patente. Der Nvidia-Chef lässt sich virtualisieren und bekommt eine hohe Auszeichnung.

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Eigentlich wollte Intel schon 2020 eigene PC-Grafikprozessoren (GPUs) auf den Markt bringen. Dazu hatte man 2017 den renommierten Chipentwickler Raja Koduri von AMD abgeworben, der ein größeres Team zusammenstellte. Das hat es immerhin geschafft, die internen "Xe"-Grafikprozessoren der Tiger-Lake-Prozessoren im Vergleich zu ihren Vorgängern enorm zu verbessern. Und tatsächlich gibt es einige wenige Notebooks mit separatem "Xe Max"-Chip alias DG1, doch der zieht kaum die Wurst vom Teller. Die Hoffnung ruht folglich auf dem "DG2" mit 512 Execution Units, doch der soll nun erst 2022 kommen – unter dem Familiennamen "Intel Arc", DG2 soll "Alchemist" heißen. Diese Verzögerung eines weiteren wichtigen Produkts verpasst dem Renommee des seit Februar regierenden Intel-Chefs Pat Gelsinger den nächsten Kratzer und auch Raja Koduri meldete sich in der Öffentlichkeit immer seltener zu Wort.

Außerdem musste Intel noch eine Niederlage in einem Streit um zwei alte Patente von NXP einstecken: Ein Gericht im texanischen Waco verdonnerte Intel zur Zahlung von mehr als 2,1 Milliarden US-Dollar an die Firma VLSI Technology, die zu NXP gehört. Intel will das Urteil jedoch anfechten. In den kommenden Wochen soll Alder Lake alias Core i-12000 für bessere Intel-Nachrichten sorgen und Ende Oktober folgt dann die erste Ausgabe der Veranstaltung "Intel Innovation", welche die 2017 eingestampfte Intel-Entwicklerkonferenz IDF beerben soll.

Intels GPU-Schwierigkeiten dürften dem Nvidia-Chef Jensen Huang Schadenfreude bereiten. Der ohnehin mit solidem Selbstbewusstsein ausgestattete Multimilliardär Huang kann nicht nur glänzende Quartalsergebnisse seiner Firma präsentieren, sondern bekam von der Semiconductor Industry Association (SIA) auch den nach dem Intel-Mitgründer Robert N. Noyce benannten Preis für seine Verdienste bei der Chipentwicklung verliehen. Kurz zuvor führte Huang ein Kabinettstück vor: Eine Videopräsentation zur Nvidia-Entwicklerkonferenz GTC Anfang April 2021 zeigte nicht etwa ihn selbst, sondern einen digitalen Zwilling, wie er im August verriet. Es war also ein virtueller Jensen Huang in seiner virtuell nachgebauten Küche zu sehen, wobei auch einige Späße eingebaut wurden, etwa eine Kaffeemühle mit Nvidia-Logo oder sich von Szene zu Szene verändernde Schubladengriffe. Da muss Jensen Huang nun hoffen, dass er den Noyce-Preis nicht bloß virtuell oder als NFT bekommt, sondern "in Echt".

Es scheint nur so, als zeige dieses YouTube-Video den Nvidia-Chef Jensen Huang in seiner Küche: Tatsächlich wurde das Video von Computern berechnet, inklusive virtuellem Huang.

(Bild: Nvidia/YouTube)

Intels aktuelle Schwäche kann AMD weiter für sich nutzen und legt beim Marktanteil der x86-Prozessoren erneut zu, im Jahresvergleich um 4,2 Prozentpunkte auf nun 22,5 Prozent, gerechnet nach Stückzahlen. So schätzt jedenfalls die Firma Mercury Research. Speziell bei Prozessoren für Desktop-PCs konnte Intel demnach aber wieder rund 2 Prozentpunkte zurückerobern (Verteilung 83 zu 17 Prozent). Unser Prozessor-Überblick ab Seite 94 zeigt einen der Gründe: Wenn es um Prozessoren mit höchstens sechs CPU-Kernen geht, die in vielen verkauften Computern stecken, bieten einige Intel-Chips ein besseres Preis/Leistungs-Verhältnis als aktuelle Ryzens. Zudem hat Intel bei den 14-Nanometer-Prozessoren viel mehr Fertigungskapazität und überzeugt PC-Hersteller mit Rabatten.

Unterdessen manifestiert sich der ARM-Druck auf die x86-Prozessorfirmen AMD und Intel. Vor allem dank Apples M1 beträgt der Marktanteil von ARM-Prozessoren bei Desktop-PCs und Notebooks mittlerweile rund 7 Prozent. Doch auch Chromebooks – vorwiegend solche mit MediaTek-Chips – treiben den ARM-Marktanteil bei diesen Geräten hoch. Windows-ARM-Notebooks spielen hingegen weiter keine wesentliche Rolle, meinen Marktforscher. Und auch bei den Servern tut sich ARM noch schwer, bis auf den Amazon Graviton geht es vor allem um Spezialprozessoren.

Der Hardware-Hersteller Gigabyte wurde Anfang August Opfer eines Ransomware-Angriffs, der nicht nur den Supportbereich der Gigabyte-Webseite lahmlegte. Um Gigabyte zu erpressen, kopierten die Angreifer auch Datenblätter von Firmenpartnern wie AMD und Intel, die geheim bleiben sollten. Wenige Tage später tauchten Informationen zu kommenden Prozessoren von AMD und Intel auf, die möglicherweise bei Gigabyte erbeutet wurden. Demnach dürfte AMD etwa beim kommenden Epyc "Genoa" mit Zen-4- und 5-Nanometer-Technik auch AVX512-Rechenwerke einbauen.

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(ciw)