Bit-Rauschen: Linus Torvalds spannt sich vor den x86-Karren
AMD und Intel feiern ihre Gemeinsamkeiten, ARM und Qualcomm streiten weiter. Sanktionen dämpfen Aktienkurse und eine neue Mersenne-Primzahl taucht auf.

Was gibt es schöneres als einen lukrativen Beratervertrag? Dieses Vergnügen gönnte sich Linux-Erfinder Linus Torvalds und dient nun als Koryphäe (Luminary) der x86-Allianz von Intel und AMD. Diese x86 Ecosystem Advisory Group ist vor allem ein Anti-ARM-Bündnis, dem überraschenderweise auch Microsoft angehört. Denn es sind ja gerade die Windows-on-ARM-Notebooks mit Qualcomm-Chips, die AMD und Intel das Leben schwermachen.
Die frisch gebackenen x86-Partner wollen einander alte Sünden verzeihen. Intel-Chef Pat Gelsinger ließ sich mit den Worten zitieren, man "stehe stolz an der Seite von AMD" sowie der anderen Allianzpartner. 2006 tippte eben jener Pat Gelsinger auf offener Bühne das Passwort "I hate AMD" ein. Vergessen sind auch Intels fragwürdige Rabattaktionen vor 20 Jahren, die den AMD Athlon klein halten sollten. Neun Tage nach dem Liebesbekenntnis von AMD und Intel schmetterte der Europäische Gerichtshof nach 15-jährigem Rechtsstreit die 2009 von der EU-Kommission gegen Intel verhängte Strafzahlung von 1,06 Milliarden Euro ab.
(Bild:Â Intel)
Angeblich macht Intel auch Samsung schöne Augen. Hinter den Kulissen verhandeln die beiden demnach über eine Kooperation bei der Chipfertigung, also über eine Anti-TSMC-Allianz.
Zoff gibt es hingegen zwischen dem CPU-Entwickler ARM und einem seiner wichtigsten Kunden: Qualcomm. Wie im Bit-Rauschen schon des Ă–fteren zu lesen war, stammen die starken ARM-Kerne der Snapdragon-X-Prozessoren vom Start-up Nuvia, das Qualcomm 2021 fĂĽr 1,4 Milliarden US-Dollar schluckte. ARM ist der Meinung, Qualcomm dĂĽrfe die einst an Nuvia erteilte Architekturlizenz fĂĽr die Entwicklung von CPU-Kernen nicht so einfach weiternutzen, und hatte daher schon 2022 geklagt. Nun droht ARM mit dem Entzug der Lizenz, um vor dem Beginn des Gerichtsverfahrens im Dezember den Druck zu steigern.
Branchenkenner raunen, dass ARM in der Lizenzfrage wohl recht hat, andererseits aber Qualcomm noch ein Ass im Ärmel habe. Es könnte also spannend werden. Für die beiden Geschäftspartner steht jeweils viel auf dem Spiel. Denn weil der Smartphonemarkt schwächelt, können beide nur weiter wachsen, indem sie sich neue Märkte für teurere Chips erschließen, beispielsweise eben Windows-Notebooks und Server.
KI-Knick
Die explosive Wertsteigerung der Aktien von KI- und einigen Halbleiterfirmen brach Mitte Oktober plötzlich ein. Hauptanlass war die deutlich schwächere Umsatzprognose der niederländischen Firma ASML, die superteure Lithografiesysteme für die Chipherstellung verkauft. Dass die Nachfrage nach solchen Maschinen schrumpft, war wegen der Schwierigkeiten von Intel und Samsung – den nach TSMC größten Investoren in derartige Technik – eigentlich zu erwarten. Doch Anleger reagieren nervös und es kamen schlechte Nachrichten hinzu. Nicht nur erwartet man von der US-Regierung immer stärkere Exportbeschränkungen gegen China, das ein wichtiger Wachstumsmarkt für Halbleiter ist. Sondern es wurde auch befürchtet, dass die USA künftig den Export von KI-Chips in einige arabische Staaten einschränken.
Passend zu diesem Thema entdeckten die professionellen Chip-Aufschleifer der kanadischen Firma TechInsights einen von TSMC gefertigten Chip in einem KI-Beschleuniger einer Huawei-Tochterfirma. Wie der angesichts eines seit 2020 geltenden Belieferungsverbots dort hineingelangte, konnte TSMC bis zum Redaktionsschluss dieser c’t-Ausgabe nicht erklären.
52. Mersenne-Zahl
Nvidia-Chips bringen nicht nur KI und PC-Spiele auf Trab, sondern auch die Forschung: Am 12. Oktober entdeckte Luke Durant mithilfe eines Nvidia-A100-Systems die 52. Mersenne-Primzahl 2136.279.841-1 mit 41.024.320 Stellen. Sie wurde mittlerweile vom GIMPS-Projekt bestätigt.
Bei den vielen KI-Rekorden der vergangenen Monate ging etwas unter, dass Nvidia-Beschleuniger auch in vielen Supercomputern rechnen. Einige aktuelle KI-Systeme sind deutlich stärker als die schnellsten Top500-Rechner; die 64. Ausgabe dieser Liste wird am 18. oder 19. November erwartet, kurz nach Erscheinen dieser c’t. Vielleicht hat Elon Musk ja Lust gehabt, auf dem Colossus seiner Firma xAI auch mal den Linpack-Benchmark für die Top500 laufen zu lassen. Aber vielleicht hat ihn auch sein Kumpel Donald Trump zu sehr beschäftigt.
Zum Bit-Rauschen gibt es regelmäßig auch einen Podcast.
(ciw)