Bit-Rauschen: Massenentlassungen bei Intel und anderen IT-Größen

Intel, Infineon, Dell: Bei Chip- und PC-Firmen müssen Tausende Mitarbeiter gehen. KI-Aktien sind an der Börse nicht mehr so beliebt und Raspberry Pi überrascht.

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Vom Traumjob zum Albtraum: Mit dieser Überschrift kommentierte das Wall Street Journal die jüngsten Quartalszahlen von Intel. Denn als Pat Gelsinger vor rund drei Jahren als CEO zu Intel zurückkehrte, hatte er die Aufgabe als seinen Traumjob bezeichnet. Nun musste er mehr als 1,6 Milliarden US-Dollar Verlust melden und entlässt rund 18.000 Mitarbeiter. Konkret war davon die Rede, 15 Prozent der Stellen zu streichen; Ende 2023 beschäftigte Intel 124.800 Menschen weltweit.

Der Kurs der Intel-Aktie stürzte um mehr als 30 Prozent auf unter 20 US-Dollar ab. Das sind fast 60 Prozent weniger als bei Gelsingers Amtsantritt. Er beteuert weiterhin, Intel in einen marktführenden Chip-Auftragsfertiger zu transformieren. Trotzdem dürfte man am künftigen Standort Magdeburg zittern.

Viel besser lief es bei AMD, wo der Umsatz im Jahresvergleich und sequenziell weiter deutlich wuchs. Vor allem die KI-Rechenbeschleuniger (Instinct) und die Serverprozessoren (Epyc) legten ordentlich zu, aber auch PC- und Mobilprozessoren (Ryzen). Allerdings sackten die Radeon-Grafikkarten für PC-Spieler noch weiter ab. Der Abschwung bei den Spielkonsolenchips war vorhersehbar, die PlayStation 5 hat nun schon vier Jahre auf dem Buckel. Aber auch die Embedded-Systems-Sparte tat sich schwer. Der AMD-Aktienkurs sank wegen des gemischten Ausblicks dann auch.

Auch bei Nvidia läuft es derzeit nicht so rund wie erhofft: Angeblich verspätet sich der KI-Beschleuniger Blackwell. Der abgebildete Grace-Blackwell-Superchip GB200 kombiniert zwei Blackwells mit der ARM-CPU Grace.

(Bild: Nvidia)

Viele Chipfirmen stehen zurzeit nicht gut da, weil die Nachfrage in zahlreichen Branchen schwächelt, besonders auch bei den Automobilfirmen. Daher plant etwa auch Infineon den Abbau und die Verlagerung tausender Arbeitsplätze. Und auch Dell will über 10.000 Stellen abbauen.

Anfang August bekamen einige heißlaufenden KI-Aktien eine kalte Dusche, auch die von Nvidia. Doch es ging auch bei anderen Aktien bergab. Daher ist nicht klar, ob die Anleger nur dem KI-Hype misstrauten oder den wirtschaftlichen Aussichten allgemein. Doch auch Nvidia kämpft wohl mit Verzögerungen bei der Auslieferung, betroffen sind angeblich die angekündigten KI-Beschleuniger Blackwell B200. Außerdem hat eine französische Kartellbehörde Nvidia ins Visier genommen und auch in den USA laufen angeblich erste Untersuchungen.

Zudem scheint eine gewisse KI-Müdigkeit aufzukommen: Forscher vom Institut für Marketing und internationalen Handel der Washington State University ermittelten in einer Studie kürzlich, dass der Hinweis auf KI-Funktionen die Kauflust potenzieller Kunden dämpfen kann. Dabei ging es allerdings nicht um Computer oder Smartphones, sondern um Fernseher und Autos.

Bei einigen der jungen Firmen, die KI-Beschleuniger entwickeln, gibt es Bewegung. So konnte die 2016 von ehemaligen Google-TPU-Entwicklern gegründete US-Firma Groq eine weitere Finanzierungsrunde abschließen und weitere 640 Millionen US-Dollar einwerben. Es gibt also weiter Hoffnungen, dass irgendwann ein starker Nvidia-Konkurrent heranwächst. Die britische Firma Graphcore hingegen hat sich der größte ARM-Anteilseigner SoftBank einverleibt, für angeblich rund 500 Millionen US-Dollar. Das kam nicht ganz unerwartet, denn SoftBank hatte schon vor Monaten verkündet, mehr Geld in KI-Chips stecken zu wollen. Teile von Graphcore schluckte bereits 2023 die Facebook-Mutter Meta.

Die Raspberry-Pi-Mannschaft um Eben Upton hatte schon im Juni angekündigt, am neuen Mikrocontroller RP2350 zu arbeiten, siehe Seite 36. Das ist der dritte selbst entwickelte Chip nach dem RP2040 und dem I/O-Chip RP1 des Raspi 5. Ein Paukenschlag sind die beiden RISC-V-Kerne im RP2350 – weil die britische CPU-Entwicklerfirma ARM eng mit Raspberry Pi Plc. verbandelt ist und sogar rund 3,5 Prozent der Anteile hält. Allerdings sind die RISC-V-Kerne namens Hazard3 wohl schwächer als die beiden ARM Cortex-M33 und nur alternativ zu diesen nutzbar. Aber immerhin: Die Raspi-Entwickler beweisen, dass sie RISC-V ernst nehmen. Dafür spricht auch, dass Hazard3-Entwickler Luke Wren schon seit Jahren bei Raspberry Pi – seit dem Börsengang Raspberry Pi Plc. – arbeitet. Der Hazard3 ist also ein Raspi-Eigengewächs. Angesichts der schier zahllosen offenen RISC-V-Designs mag man die Frage stellen, wozu das nötig war – vielleicht verrät das Raspi-Chef Eben Upton ja noch. Jedenfalls erfüllt der Hazard3 die 32-Bit-Spezifikation RV32IMAC und ist bei GitHub offengelegt.

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(ciw)