Bitkom fordert Verfassungsrang für Innovationen

Der scheidende Präsident des IT-Branchenverbands möchte Innovationen als Staatsziel im Grundgesetz verankern.

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  • Richard Sietmann

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) hat am heutigen Dienstag neue Daten zur Informationsgesellschaft vorgelegt. Nach den Ergebnissen der Untersuchung liegt Deutschland im internationalen Vergleich in einigen zentralen Feldern zurück. Gegenüber den USA beispielsweise schneidet die Bundesrepublik in der Verbreitung von Handys, ISDN und DSL-Anschlüssen besser ab, muss der Bitkom-Statistik zufolge jedoch erhebliche Rückstände bei der Nutzung von PC und Internet sowie insbesondere bei der allgemeinen Versorgung mit schnellen Breitbandzugängen verbuchen.

So verfügen nur 17 Prozent der Haushalte hierzulande über einen schnellen Breitbandanschluss -- ein Wert, mit dem die Bundesrepublik unter dem Durchschnitt Westeuropas liegt und weit hinter den USA (35 Prozent) und Japan (44 Prozent) zurückbleibt. "Länder, in denen verschiedene Zugangstechniken wie DSL und Kabelmodem zur Verfügung stehen, liegen in der Verbreitung von Breitbandanschlüssen vorne", erklärte sich Bitkom-Präsident Willi Berchtold vor der Presse in Berlin die unterschiedliche Entwicklung. In den anderen Ländern hätte man auf einen Technologiemix gesetzt und nutze insbesondere das TV-Kabel für den Internetzugang. In Deutschland gehen gerade einmal 0,3 Prozent der Haushalte mit einem Kabelmodem ins Internet. "In Japan sind es 14, in den USA 24 Prozent".

Als Folge sei in Deutschland auch der Markt für Online-Inhalte wesentlich schwächer entwickelt. Der Studie zufolge wurden im vergangenen Jahr 204 Millionen Euro mit Online-Musik, Online-Spielen, Online-Videos und Online-Publikationen umgesetzt. Damit lag die Bundesrepublik bei den Pro-Kopf-Ausgaben für den Content im europäischen Vergleich hinter Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien.

Ein Hoffnungswert bleibt noch immer die UMTS-Mobilfunktechnik, die nach Berchtolds Angaben hierzulande 250.000 Teilnehmer nutzen. Weltweit steht Deutschland damit hinter Großbritannien (2,5 Millionen UMTS-Nutzer), Italien (3 Millionen) und dem Spitzenreiter Japan (8,4 Millionen) auf Rang vier. Bei den Wireless LANs immerhin hat sich die Zahl der öffentlichen Hotspots im vergangenen Jahr auf 5700 verzehnfacht.

Bitkom-Präsident Berchtold, der im vergangenen Oktober als geschäftsführender Vorstand beim Banknoten- und Smartcard-Hersteller Giesecke & Devrient ausschied und jetzt Finanzvorstand des Automobil-Zulieferers ZF Friedrichshafen ist, nutzte die Präsentation der Studie, die bekannten Positionen des Interessenverbandes zu der politischen Diskussion um Urheberabgaben auf PCs, Rundfunkgebühren für Handys, zusätzliche Auflagen für Telekommunikationsfirmen und längere Abschreibungsfristen für betrieblich genutzte Software zu erneuern. "Das summiert sich auf mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr", schätzt der Verbandschef; "solche Auflagen bremsen das Wachstum und verhindern, dass die Jobmaschine wieder anspringt".

Der Branchenverband prognostiziert für dieses Jahr ein Wachstum von drei Prozent und erwartet insgesamt etwa 10.000 zusätzliche Inlands-Arbeitsplätze, die überwiegend in den Bereichen Software und Dienstleistungen zu erwarten seien, während der Stellenabbau bei den Hardware-Herstellern, Infrastruktur-Ausrüstern und Endgeräte-Produzenten noch nicht gestoppt sei.

"Arbeitsplätze brauchen Wirtschaftswachstum, Wachstum braucht Innovation und Innovation braucht ITK" -- mit dieser Formel verlangte Berchtold von der Politik, die Förderung von Innovationen nicht nur in die Parteiprogramme, sondern im Grundgesetz zu verankern. "1994 wurde der Umweltschutz zum Staatsziel erhoben und 2002 wurde der Tierschutz ins Grundgesetz geschrieben", beklagt der Bitkom-Präside die "verrutschten Prioritäten" hierzulande, "bei der Innovation treten wir jedoch auf der Stelle". (Richard Sietmann) / (jk)