Bitstrom-Zugang: Wettbewerber der Telekom warnen vor "Dammbruch" in der Regulierung

In ihrer neuen Marktanalyse für den Zugang zum Telekom-Netz auf Bitstrom-Ebene schlägt die Bundesnetzagentur vor, einige Städte von der Regulierung auszunehmen. Die Wettbewerber fürchten Schlimmeres.

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Telekom Glasfaser-Netz

Dammbruch beim Netzzugang? Die Telekom-Wettbewerber fürchten das Schlimmste.

(Bild: dpa)

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Wettbewerber der Telekom üben scharfe Kritik am Vorschlag der Bundesnetzagentur, bei der Regulierung der Netzzugangsarten erstmals regionale Unterschiede einzuführen. Der Einstieg in die "regionalisierte Regulierung" sei ein "Dammbruch", der "Deutschland beim Breitbandausbau noch kleinteiliger" mache, erkärten die Netzbetreiberverbände Breko und VATM am Montag. Die Bundesnetzagentur hatte in der vergangenen Woche eine neue Marktanalyse für den Bitstromzugang vorgelegt. Die Behörde untersucht die verschiedenen regulierten Märkte regelmäßig und prüft, ob die Voraussetzungen für die Regulierung weiter gegeben sind.

Die Regulierungsbehörde definiert in ihrer Marktanalyse zwei Marktbereiche für Zugangsnetze (Layer-2-Bitstromzugang) und Kernnetze (Layer-3-Bitstromzugang). Der Unterschied besteht in der Netzebene, an der die Telekom den Netzverkehr an den Wettbewerber übergibt. Auf der Ebene 3 erfolgt die Übergabe derzeit an rund 73 POPs. Für den geplanten Layer-2-Zugang soll es dann über 900 Übergabepunkte geben. Der Vorteil bei Layer 2 ist unter anderem, dass Wettbewerber damit auch weitere Dienste wie zum Beispiel TV-Programme anbieten können.

Für den Layer-3-Bitstromzugang will die Bundesnetzagentur nun insgesamt 15 Großstädte erstmals von der Regulierung ausnehmen, sofern es dort schon ein Layer-2-Bitstromzugangsprodukt gibt (Bochum, Bottrop, Bremerhaven, Gelsenkirchen, Herne, Karlsruhe, Kiel, Köln, Leipzig, Leverkusen, Mannheim, Osnabrück, Pforzheim, Recklinghausen und Reutlingen). "Die angestrebte regionale Differenzierung eines Teilmarktes trägt der Tatsache Rechnung, dass in einigen Ballungsräumen stabiler Wettbewerb herrscht", sagte Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.

Konkret bedeutet die "Ausnahme von der Regulierung", dass die Konditionen, zu denen die Telekom ihren Wettbewerbern den Bitstromzugang auf Layer 3 gewähren muss, nicht mehr von der Behörde oder zumindest unter ihrer Aufsicht festgelegt werden. Der Zugang und sein Preis müssten dann zwischen Telekom und Wettbewerber ausgehandelt werden, sofern sich die Telekom nicht entschließt, das Angebot ganz einzustellen. Für die Wettbewerber ist die Aussicht auf einen Layer-2-Zugang kein Trost, solange sie nicht wissen, wie der genau aussehen soll. Das führe zu einer "völlig unnötigen Verunsicherung im Markt", kritisieren die Präsidenten von Breko und VATM, Ralf Kleint und Martin Witt.

Viel schlimmer aber finden die Verbände den "Dammbruch", den die Bundesnetzagentur mit dem "Einstieg in die regionalisierte Regulierung" herbeiführt. Damit werde der Breitbandausbau in Deutschland "noch kleinteiliger" und schwieriger. Die Wettbewerber fürchten vor allem, dass die Regulierungsbehörde damt einen Trend setzen könnte und die Regionalisierung schließlich auch vor der "Mutter aller Vorleistungen", dem Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung, nicht halt macht. Würden so "der Telekom erhebliche Spielräume eingeräumt", fürchtet Breko-Präsident Kleint, "werden Vielfalt und Wettbewerb in Deutschland massiv eingeschränkt werden".

Die Bundesnetzagentur begründet das unter anderem damit, dass in den betroffenen Städten bereits "stabiler Wettbewerb" herrscht. Dabei liegt der Schluss nahe, dass dieser Wettbewerb vor allem dank der erfolgreichen Regulierungspolitik der vergangenen Jahre floriert. Die Wettbewerber verweisen in diesem Zusammenhang auf ein Gutachten des WIK-Instituts, demzufolge sich die Situation im Vergleich zu früheren Marktanalysen nicht grundlegend verändert habe – im Gegenteil: "Insbesondere für den Bitstrom-Zugangsmarkt", heißt es in der Untersuchung von Karl-Heinz Neumann, "haben sich die Perspektiven für Wettbewerb eher verschlechtert." (vbr)