Black Hat USA 2021: Geschlechterausgewogenheit in IT-Security-Teams verbessern
Security-Experten erläutern, wie sie den Frauenanteil ihres Teams erhöht und zugleich ein besseres, effizienteres Arbeitsklima geschaffen haben.
Als das kleine israelische Startup Javelin Networks 2018 von Symantec übernommen wurde, arbeitete dort keine einzige Frau. Das Team suchte nach Gründen für diese Unausgewogenheit – und nach Wegen, potenzielle Bewerberinnen besser anzusprechen, "abzuholen" und ins Team zu integrieren. Mittlerweile hat sich der Frauenanteil beim einstigen Javelin-Networks-Team auf 50 Prozent erhöht. Das berichteten Omer Yair, Teamleader, und Orayn de Paz, Reverse Engineer und Entwicklerin, in einem Vortrag auf der diesjährigen Black Hat USA.
Die beiden erzählten, wie sie mehr Frauen anwerben konnten, und welche positiven Auswirkungen die ergriffenen Maßnahmen für alle Mitarbeiter haben. Als Inspirationsquelle für sinnvolle Veränderungen beim Bewerbungsverfahren nannte Yair den Artikel "How to Attract More Women (and not the way you think)" von Moran Weber. Die IT-Sicherheitskonferenz Black Hat USA findet noch bis Donnerstag statt, sowohl vor Ort in Las Vegas als auch online.
Bewerbung: Aktiv auf die wenigen Frauen zugehen
Parallel zum Online-Stream des Vortrags meldete sich im Chat ein Konferenzteilnehmer mit Personalverantwortung zu Wort. Er berichtete, dass er im Bemühen, Bewerbungen von weiblichen Interessenten in gleicher Weise zu berücksichtigen wie jene von Männern, häufig vergeblich auf erstere warte – mit dem Resultat, dass Stellen lange unbesetzt blieben.
Ähnliche Erfahrungen hat das israelische Team Yairs gemacht. Es suchte auf Plattformen wie LinkedIn gezielt nach den bekanntermaßen rareren, qualifizierten Kandidatinnen, und bat Frauen in Tech-Communities, Informationen zu offenen Stellen an potenzielle Bewerberinnen weiterzutragen. In der Folge hätten wesentlich mehr Frauen auf Stellenausschreibungen reagiert.
Bei der Ursachenforschung habe Javelin (inzwischen eine Tochterfirma Broadcoms) erkannt, dass Frauen häufig dazu neigen, ihre Fähigkeiten zu unterschätzen. Da auf dem Weg zum Erfolg Selbstvertrauen zumeist ebenso wichtig sei wie Kompetenz, hätten weniger souveräne Bewerber (und vor allem Bewerberinnen) von vornherein schlechtere Karten oder würden sich gar nicht erst melden.
Competence vor Confidence
Das Team musste beispielsweise feststellen, dass sich Frauen – bei gleicher Fachkompetenz und Berufserfahrung – deutlich häufiger auf die "schlechtere" von zwei ausgeschriebenen Stellen bewarben. Lösung: Jobs werden unter allen Bewerbern und Bewerberinnen anhand der Qualifikation vergeben, unabhängig davon, für welche Stelle die Bewerbung formal eingebracht wurde.
Als weitere Maßnahme, um Kompetenz im Bewerbungsverfahren Vorrang vor Selbstvertrauen einzuräumen und Stress zu reduzieren, wird Bewerberinnen und Bewerbern eine "Hausaufgabe" mitgegeben. Daran können sie ohne Konkurrenz- und allzu großen Zeitdruck unter Beweis stellen, wie gut sie typische Aufgaben bewältigen können. Und last but not least spiele der Charakter sowie der Wille und die Fähigkeit, zu lernen und die eigene Komfortzone zu verlassen, eine entscheidende Rolle bei der Jobvergabe.
Angenehmere Arbeitsbedingungen fĂĽr beide Geschlechter
Auch im Arbeitsalltag hat das Team viel verändert. Ziel sei gewesen, ein sicheres und unterstützendes Lernumfeld zu schaffen, in dem Fragenstellen und Teilen von Wissen selbstverständlich seien, und in dem sich fehlendes Selbstvertrauen entwickeln kann.
Zu den Maßnahmen, von denen letztlich alle Mitarbeiter profitierten, zähle etwa das Einräumen einer längeren Einstiegsphase zur Erlangung noch fehlender Kenntnisse, Pair Programming sowie wöchentliche "Lernstunden", in denen sich jeder nach seinen Wünschen und Bedürfnissen weiterbilden könne. Bei Vorträgen zu Weiterbildungszwecken achte man auf ebenfalls auf Geschlechterdiversität.
Viele der Verbesserungen kommen letztlich sowohl Männern als auch Frauen entgegen. So seien etwa längere Abwesenheitszeiten eine echte und nicht nur geduldete Option – im Rahmen von Mutterschutz und Elternzeit, aber auch für längeren, unbezahlten Urlaub oder bei Todesfällen. Dank entspannterer Arbeitsatmosphäre gäbe es weniger Fälle von Burnout bei insgesamt höherer Effizienz. Gleichzeitig fühlten sich viele Männer durch Verzicht auf "typisch männliche" Aktivitäten im Unternehmen und die damit verbundenen Klischees letztlich wohler.
Chancengleichheit fĂĽr Frauen im Bereich IT-Sicherheit wurde auch vergangenes Jahr auf der Black Hat USA thematisiert. Damals hatte die Initiative "Infosec Girls" ĂĽber ihre BemĂĽhungen berichtet, interessierten Frauen in Indien den Einstieg zu erleichtern und sich untereinander zu vernetzen:
(ovw)