Blinder zweibeiniger Roboter "Cassie" steigt Treppen mit "Körpergefühl"

Blind eine Treppe zu steigen, nötigt schon einem Menschen viel Körpergefühl ab. Roboter "Cassie" kann es auch – meistens jedenfalls.

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(Bild: Dynamic Robotics Laboratory (Screenshot))

Lesezeit: 3 Min.

Forscher der Oregon State University in Corvallis im US-Staat Orgeon haben ihrem zweibeinigen Roboter "Cassie" auf Basis eines Roboters von Agility Robots schon einiges zugemutet: So musste er durchs Feuer laufen und Segway fahren. Nun bringen die Forscher rund um Jonah Siekman in einem neuen Projekt Cassie das Treppensteigen bei, ohne dass er dabei auf Kameras zur Erfassung der Umgebung oder einem festen digitalen Umgebungsmodell zurückgreifen kann. Der Ansatz soll es ermöglichen, dass humanoide zweibeinige Roboter sich auch in Situationen zurechtfinden und Hindernisse überwinden können, ohne "sehen" zu können, beispielsweise in Umgebungen mit wechselnden ungünstigen Lichtverhältnissen oder bei Nebel. Der Roboter soll nur auf Grundlage des eigenen "Körpergefühls" (propriozeption) agieren können.

Das Treppensteigen ist für zweibeinige Roboter wie Cassie, die ihre Stabilität über die dynamische Bewegung erzielen, eine besondere Herausforderung. Im Gegensatz zu ihren vierbeinigen Kollegen, die mit drei oder vier Beinen auf dem Boden stabil stehen bleiben können, müssen sie ständig in Bewegung bleiben.

Damit Cassie in der Lage ist, Treppen nur anhand des eigenen Körpergefühls auf- und abwärts zu laufen, verwenden die Wissenschaftler eine Methode des maschinellen Lernens: das Sim-to-Real Reinforcement Learning. Das Konzept des verstärkenden Lernens ist es, dass ein System eigenständig lernt, wie es sich in welcher Situation am besten verhalten muss. Das System lernt durch Ausprobieren per Trial-and-Error. Eine Belohnungsfunktion definiert, wie gut oder schlecht eine Aktion des Systems in der jeweiligen Situation war. Der Vorteil dieser Methode des maschinellen Lernens ist es, dass zuvor keine Daten erfasst werden müssen. Daten werden erst während des Trainings generiert. Auf sie kann das System zurückgreifen und seine Aktionen entsprechend ausrichten und fortschreitend besser ausführen.

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Wie aus dem Paper der Forscher hervorgeht, wurde im Versuch ein Trainingsmodell für ebenen Untergrund so verändert, dass es zufällige treppenartige Untergründe enthält. Die Belohnungsfunktion wurde demnach nicht verändert. Die Modifikationen seien "überraschend gering" gewesen. Zunächst erfolgte das Training rein virtuell, um Schäden am Roboter zu vermeiden und eine Grundlage für die Fortbewegung in einer realen Umgebung zu schaffen.

Auf dem Campus des Universitätsgeländes musste sich der Roboter dann auf verschieden Untergründen mit unterschiedlichen Hindernissen beweisen. Die Wissenschaftler ließen den Roboter auch Treppensteigen. Wie das Video zeigt, ging das mehrheitlich gut aus. Von zehn Versuchen, eine Treppe auf- und abzusteigen, meisterte der Roboter acht ohne Schwierigkeiten. In zwei Fällen kam er ins Straucheln und die menschlichen Assistenten mussten eingreifen und ihn auffangen.

Nach Ansicht der Forscher ist noch unklar, wo die Grenzen der Bewegung eines "blinden" Roboters liegen. Zukünftig sollte untersucht werden, inwieweit eine Ergänzung einer visuellen Erfassung die Effizienz und Leistungsfähigkeit des Roboters verbessern kann.

(olb)