Bosch E-Bike-System setzt auf Individualisierung, Vernetzung und mehr Reichweite

Mit einem neuen E-Bike-System kombiniert Bosch neue Komponenten wie stärkeren Akku mit bewährtem Motor. Kompatibel mit alten Systemen ist das aber nicht.

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(Bild: Bosch)

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Bosch eBike Systems, die E-Bike-Sparte von Bosch, bringt für die Saison 2022 ein "smartes" E-Bike-System, das neue Komponenten mit dem altbewährten und nur leicht angepassten CX-Performance-Motor der vierten Generation kombiniert. Dabei setzt Bosch auf eine kompakte Bedieneinheit, die auch ohne Display funktioniert und den Bikerinnen und Bikern dann ein aufgeräumteres Cockpit beschert. Darüber hinaus hat Bosch die Vernetzung mit dem Smartphone in Kombination mit der neu entwickelten eBike Flow App vorangetrieben, Fahrmodi können individuell festgelegt und Systemupdates für das Bike ohne Gang zum Händler aufgespielt werden. Ein 750-Wh-Akku soll die Reichweite erhöhen und somit längere Touren ermöglichen. Der von einigen erwartete Umstieg von 36-Volt- auf 48-Volt-Technik ist allerdings ausgeblieben.

Herzstück des Bosch-Systems ist die Bedieneinheit LED Remote, die am linken Lenkergriff montiert über farbige LEDs Auskunft über die gewählte Fahrstufe und den Akkuladezustand gibt. Über eine Tastenwippe werden die Fahrstufen angewählt. Bei einem angeschlossenen Display kann mit weiteren Tasten in den Bedienmenüs navigiert werden. Neu ist dabei eine zusätzliche Taste, die in Untermenüs führt. Ein Hebel, der gehalten werden muss, löst die Schiebehilfe mit einer Verzögerung aus, die in Kombination mit einem Bewegungssensor arbeitet, falls das E-Bike mal geschoben werden muss.

Die LED Remote ist im Vergleich zu den "dummen" Vorgängern nun "smart" geworden. Die Elektronik mit Bluetooth-Anbindung für Smartphones zur eBike Flow App ist vom Display komplett in das Bedienteil gewandert. Dadurch kann das E-Bike künftig auch ohne angeschlossenes Display betrieben werden. Mountainbikerinnen und Mountainbiker, die häufig ein aufgeräumtes Cockpit bevorzugen, müssen also zwingend kein Display mehr anschließen. Möglich ist es aber.

In einer ersten Ausbaustufe wird das Bosch E-Bike-System mit einem Kiox 300 Farb-Display angeboten. Es ist etwas größer als das Vorgängermodell, geradliniger gestaltet, die Tasten am Gerät entfallen. Da kein Akku mehr enthalten ist, ist es auch deutlich leichter. Eine neu konstruierte Halterung hat das Display fest im Griff, was am Mountainbike bei wilderen Downhill-Abfahrten von Vorteil ist.

"Smart" wird es aber erst mit der Vernetzung mit der neu entwickelten App eBike Flow. Die bisherigen von Bosch angebotenen Systeme wurden in den letzten Jahren immer wieder für die geringe Konnektivität gerügt, was sich nun ändern soll. Über Bluetooth mit einem entsprechenden Smartphone verbunden können neben Basisinformationen wie etwa Akkuladezustand, gefahrene Kilometer und ungefähre Restreichweite die Fahrmodi nach individuellen Vorstellungen eingestellt werden. Bosch nennt hier die Stärke der Unterstützung, die Dynamik, maximale Geschwindigkeit und maximales Drehmoment. Zusätzlich kann nun nicht mehr nur das Bedien-System sondern auch die E-Bike-Systemsoftware selbst Over-the-Air (OTA) mit Updates versorgt werden. Bisher war es nötig, dafür zum Händler zu fahren. Das kann nun auch zu Hause erledigt werden.

Die eBike Flow App bietet darüber hinaus Tracking-Funktionen, um Fahrten aufzuzeichnen. Zusätzlich können leistungsbezogene Daten als Trainingsdaten auf verbundene Apple iPhones in Apple Health importiert werden. Für Android-Smartphones soll es eine ähnliche Lösung geben. Die von Bosch gezeigte Beta-Version der Flow App hatte allerdings noch nicht alle Funktionen integriert.

Der größte Akku von Bosch hatte bisher 625 Wh. Der neue Powertube 750 Akku ist wohl die dickste Neuerung. Er bietet nun 750 Wh. Der Akku ist in der Breite gleichgeblieben aber 7 cm länger als der alte Power Tube. Das hört sich nicht viel an, macht jedoch den Herstellern das Leben schwerer, denn sie müssen die E-Bike-Rahmen entsprechend anpassen. Mountainbikerinnen und Mountainbiker müssen dann auch in Kauf nehmen, dass der Schwerpunkt durch den langezogeneren Akku etwas nach oben wandert, denn das Gewicht hat um etwa 700 Gramm zugenommen. Der Akku wiegt nun 4,4 Kilogramm, die nun zusätzlich mitgeschleppt werden müssen. Zwar dürfte die Reichweite künftig höher ausfallen, der Trend zu leichteren E-Bikes – vor allem bei sportlichen eMTBs – wird dadurch aber etwas beeinträchtigt: entweder die Bikes sind schwerer oder die Hersteller müssen Gewicht bei anderen Komponenten einsparen. Allerdings ist Bosch nicht alleine auf weiter Flur mit stärkeren Akkus, andere Antriebssystemhersteller werden für das Modelljahr 2022 ebenfalls auf potentere Energiespeicher setzen.

Als Motor setzt Bosch weiterhin auf den CX Perfomance Line der vierten Generation, der wie gehabt ein maximales Drehmoment von bis zu 85 Nm bietet. Kleinere Änderungen am Motor gibt es dennoch wie sämtliche Anschlüsse, eine modifizierte Motoransteuerung und Software. Im Inneren hat sich sonst nichts geändert, kompatibel zu alten Systemen ist der Motor nicht mehr. Das gilt im Übrigen für alle genannten Komponenten, die mit den bisherigen Bosch-Systemen nicht mehr kompatibel sind und damit ein Nachrüsten älterer E-Bikes entfällt. Das fällt auch beim Ladeport auf, der nun eine andere Codierung aufweist und andere Ladegeräte benötigt.

Unklar ist, wie Bosch den Diebstahlschutz lösen wird. Beim aktuellen Bosch-System war es möglich, das E-Bike mit einem kostenpflichtigen optionalen Update so aufzurüsten, das bei abgenommenem Kiox ein Dieb mit dem Fahrrad zumindest nicht losfahren konnte und es Langfingern schwieriger machte, das Bike ohne passendes Kiox zu betreiben. Das entfällt nun durch das neue alleinige Bedienkonzept über die LED Remote. Bosch stellt als Lösung eine Erweiterbarkeit von Modellen, die ConnectModule-ready sind, über ein ConnectModule in Aussicht. Darüber soll dann bei einem Diebstahlversuch ein Alarm ausgelöst werden und das E-Bike nachverfolgbar getrackt werden können.

E-Bike-Modelle verschiedener Hersteller mit dem neuen Bosch-E-Bike-System dürften wohl erst im Frühjahr 2022 verfügbar sein.

(olb)