Bosch erweitert smartes System und erhöht E-Bike-Sicherheit mit ABS

Bosch baut sein smartes System für E-Bikes aus und liefert Updates mit neuen Funktionen. Künftig können Fahrradhersteller auch ein Antiblockiersystem einbauen.

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Das ABS von Bosch soll künftig Unfälle durch falschen Bremsen verhindern helfen.

(Bild: Bosch eBike Systems)

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Inhaltsverzeichnis

Bosch erhöht die Sicherheitsfunktionen seines 2021 herausgebrachten smarten Systems für E-Bikes mit einem Antiblockiersystem (ABS), das in Elektro-Lasten-, Elektro-Trekking-Fahrräder und eMTBs (E-Mountainbikes) eingesetzt werden kann. Auch auf die Kritik von Nutzerinnen und Nutzern reagiert Bosch und verspricht, die vermisste Funktion der Komoot-Integration nachzuliefern.

An dem bisherigen smarten System rüttelt Bosch grundsätzlich nicht. Der Bosch-CX-Motor der vierten Generation, die LED-Remote zur Steuerung, das Kiox 300 Display als Anzeige und der 750-Wh-Akku Power Tube 750 bleiben erhalten. Bosch erweitert für das Modelljahr 2023 jedoch die Auswahl um einen System-Controller, der von Bike-Herstellern in das Oberrohr des E-Bikes integriert werden kann. Gesteuert wird das von einer neuen Mini Remote, die Claus Fleischer, CEO von Bosch eBike Systems, bei der Präsentation wie einen Ring am Finger trug. Goldfarben, wie bei der Präsentation, wird die Mini Remote mit Bluetooth-Anbindung aber nicht sein, und dann auch am Lenker fest verschraubt. Beide Komponenten sollen das Cockpit besonders von eMTBs aufgeräumter aussehen lassen.

Hinzu kommt ein Intuvia 100 Display, das nur die notwendigsten Fahrinformationen auf einem grauen LC-Display darstellt. Es wird ebenfalls per Bluetooth in das smarte System eingebunden. An Motoren sollen nun die Antriebe Cargo Line, Performance Line und Performance Line Speed für das smarte System hinzukommen.

Die Erweiterungen des smarten Systems: Antriebe, Display, ABS, Connectmodul und Akkus.

(Bild: Bosch eBike Systems)

Außerdem gibt es mit den Power Tubes 500 und 650 zwei kleiner dimensionierte Akkus. Sie können in kleineren E-Bikes eingesetzt werden. Bisher mussten Fahrerinnen und Fahrer von solchen E-Bikes auf das smarte System verzichten, weil sich der Power Tube 750 aus Platzmangel nicht in das Unterrohr kleinerer Fahrräder integrieren ließ. Zusätzlich bietet Bosch zwei externe Akkupacks an.

Aufgrund der hohen Anzahl an Unfällen mit E-Bikes hat Bosch eine zweite Generation eines ABS entwickelt, das deutlich kleiner und leichter als das von 2018 ist. Das Risiko von Stürzen und Überschlägen soll das an ein Motorrad-ABS angelehnte Antiblockiersystem minimieren. Nach Angaben von Fleischer ließen sich durch den Einsatz eines solchen Systems in E-Bikes "bis zu 29 Prozent aller Unfälle mit Pedelecs abschwächen oder komplett verhindern". Funktionieren soll das ABS über alle Fahrradkategorien hinweg, also nicht nur in E-Lastenrädern und E-Trekking-Rädern, sondern auch in eMTBs.

Untergebracht ist die ABS-Steuereinheit in einer kleinen Box, die bei einem eMTB an der Vorderradgabel angebracht. Von dort steuert das ABS die komplette Bremsanlage. Unter anderem Sensoren am Vorder- und Hinterrad liefern die notwendigen Geschwindigkeitsinformationen. Viel Energie soll das ABS nicht benötigen, saugt also den E-Bike-Akku nicht unnötig leer. In Bio-Bikes wird das System jedoch – selbst wenn ein entsprechender Akku vorhanden wäre – nicht eingesetzt werden können. Dagegen sprächen technische Gründe, vor allem aber wohl der rückläufige Markt der Bio-Bikes, wie Fleischer ausführte. Es lohnt sich also nicht.

Das ABS benötigt eine spezielle Bremsanlage, die Bremsenhersteller Magura entwickelt hat. E-Bike-Hersteller können das ABS also ausschließlich in der Kombination mit dem smarten System und der Magura-Bremsanlage in ihre Fahrräder einbauen. Ganz billig ist das nicht: Im Vergleich zu gleichwertigen E-Bikes ohne ABS dürfte der Preis eines solchen Fahrrades um etwa 400 bis 500 Euro höher liegen.

Für die unterschiedlichen Fahrradkategorien gibt es unterschiedliche ABS-Modi, die das Antiblockiersystem je nach Anforderung ansteuern. ABS Cargo soll eine spurtreuere Bremsung eines E-Lastenfahrrades ermöglichen – auch bei voller Zuladung, verspricht Bosch. Als weitere Modi stehen ABS Touring und ABS Allroad bereit. Der Touring-Modus soll für Bremsmanöver auf Straßenbelägen optimiert sein, ABS Allroad im leichten Gelände besonders Mountainbiker beim Bremsen unterstützen, die auf Waldwegen und Schotterstrecken unterwegs sind.

Für sportliche Mountainbiker, die sich Trails im Bikepark herunterstürzen, ist der Trail Mode gedacht. Hierbei liegt das Hauptaugenmerk auf Performance. Je nachdem, ob mehr Grip am Vorderrad oder Hinterrad anliegt, wird die Bremsanlage gezielt angesteuert, um so etwa späteres Bremsen zu ermöglichen. In der Flow-App können die Modi gewechselt werden. Zudem lassen sich Informationen zur Bremsung über das Kiox 300 Display abrufen. So lassen sich Bremsweg und Bremszeit auf unterschiedlichen Untergründen analysieren. Das ABS soll noch 2022 in ersten E-Bikes verfügbar sein.

Das bisherige smarte System will Bosch mit ein paar Funktionen per Update erweitern. Eine dieser Funktionen ist ein Auto-Modus. Statt weitgehend fest definierter Unterstützung in dem jeweiligen Fahrmodus, entscheidet das System, welche Unterstützung gerade benötigt wird. Bei Anstiegen oder Gegenwind etwa wird dann automatisch mehr Unterstützung zugeschaltet.

Der Cargo Modus für Lastenfahrräder ist für ein sanftes Anfahren bei voller Beladung gedacht. Beide Modi sollen noch im Sommer 2022 verfügbar sein und als Update über die Flow-App eingespielt werden können.

Eine Detailverbesserung gibt es nach einem Update bei der Schiebehilfe. Sie gibt nun nicht mehr nur Unterstützung, wenn das Bike einen Berg hochgeschoben wird, sondern verhindert nun mit Hill Hold auch das Zurückrollen des E-Bikes. Zudem ist die Schiebehilfe nach Loslassen der Taste künftig 10 Sekunden länger aktiv.

Einige Kundinnen und Kunden bemängeln beim bisherigen smarten System, dass es keine richtige Navigationsmöglichkeit gibt und der Komoot-Dienst für geplante Touren nicht verwendet werden kann. Beides war auf dem Vorgängersystem möglich. Das von Bosch eilig nachgeschobene Smartphone Grip, das anstelle eines Kiox 300 eingesetzt werden kann und dann ein Smartphone zur Anzeige nutzt, ist da nur eine Zwischenlösung. Denn nicht jede Fahrerin und jeder Fahrer will ein Smartphone auf dem E-Bike nutzen.

Zumindest eine Komoot-Anbindung will Bosch im Sommer per Update der Flow-App nachliefern. Dann erscheinen übertragene Routen auf dem Kiox 300 Display. Eine richtige Navigationslösung ist das aber nicht. Zusätzlich soll es eine Anwendung für Nutzerinnen und Nutzer einer Apple Watch geben, die die Herzfrequenz überträgt.

Damit Diebe nicht so einfach mit dem E-Bike wegfahren können, gibt es künftig einen E-Bike-Alarm. Wird das Fahrrad von einem Dieb bewegt, ertönt ein Alarm, zusätzlich erhält der Besitzer eine Meldung per Flow-App, dass das Fahrrad bewegt wurde. Der Motor wird dann elektronisch abgeschaltet. Zugleich wird das Fahrrad per GPS getrackt, sodass nachvollzogen werden kann, wo sich das E-Bike gerade befindet und die Polizei es wiederbeschaffen kann. Dazu wird jedoch ein Connectmodul benötigt, über das das System die notwendige Mobilfunkverbindung zur Bosch Cloud aufbaut. Den Service lässt sich Bosch nach einem kostenfreien Jahr mit 4,99 Euro pro Monat oder 49,99 Euro pro Jahr bezahlen.

(olb)