Brainshare: Heimwerken mit dem Linux-Mediencenter

Ziemlich abseits der üblichen Workshops für gestandene Server-Dompteure präsentierte einer der Köpfe hinter MythTV, wie man mit Bordmitteln von Suse Linux Enterprise 10 und etwas zusätzlicher Hardware ein Äquivalent der "Windows Media Center" bauen kann.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Ziemlich abseits der üblichen Workshops für gestandene Server-Dompteure präsentierten sich auf Novells Hausmesse Brainshare 2006 in Salt Lake City Projekte mit kabarettreifen Einlagen. Novell-Mitarbeiter Jim Price, einer der Köpfe hinter dem MythTV zeigte, wie man mit den Bordmitteln des Suse Linux Enterprise 10 Desktop und etwas zusätzlicher Hardware ein Äquivalent der "Windows Media Center" bauen kann, die als elektronische Unterhaltungshubs Einzug ins Wohnzimmer halten. Das Entertainmentcenter, das Price und seine Mitstreiter aus der Open-Source-Szene zusammensetzen, bietet weitaus mehr Funktionen als vergleichbare Windows-Lösungen. Dazu gehört ein integriertes Voicemail-System mit Anrufbeantworter und Internettelefonie, RSS-Newsfeed und Mythweather für die quelloffene Wettervorhersage. Außerdem schneidet MythTV die lästigen Werbeblöcke aus Fernsehsendungen weg, wenn es als Aufnahmegerät in Aktion ist. "MythTV ist kein übliches Open-Source-Projekt", erklärte Price, "HD ist die Zukunft der Medienindustrie. Sie will Technik wie Inhalt kontrollieren. Wir erkunden spielerisch, was erlaubt ist."

An einigen Stellen war die Präsentation des Projektes bewusst vage gehalten, um rechtliche Schwierigkeiten auszuschließen. Kabarettartige Einlagen zum Stand der Medienindustrie oder zum Benutzerinterface WAF (Wife Acceptance Factor) versus GAF (Geek  …) ersetzten manche Detailinformationen, die interessierte Bastler auf den Webseiten von Olsen Oeystein und Mike Choy nachschlagen können. Insgesamt machte die Präsentation deutlich, dass ein rundum funktionierendes Linux-Mediencenter noch nicht aus einer Distribution à la "Knoppmyth" geschüttelt werden kann, sondern häufig der Compiler angeworfen werden muss. Schuld daran haben die modernen selbstlernenden Fernbedienungen, die via "lirc" eingebunden werden müssen, aber auch einige lizenzrechtliche Beschränkungen. "Dass der SLES 10 Desktop überhaupt Geld kostet, hat damit zu tun, dass wir gerade im Multimediabereich Einiges lizenzieren mussten", erklärte Price.

Seinen amüsierten Zuhörern gab Price den Ratschlag mit auf den Weg, ein Mediencenter-Projekt professionell und ohne Zeitdruck anzugehen. Dabei sollte der Bastler eines Entertainment-Hubs immer die Entwicklungsumgebung und die "Produktionsversion" getrennt halten, um den Familienfrieden nicht zu gefährden. Als echte offene Client/Server-Architektur habe ein MythTV im Gegensatz zu den meisten Windows-Installationen den Vorteil, sehr einfach durch Backends mit weiteren Medieninhalten erweitert werden zu können. "Wenn wir den Content kaufen, dann sollten wir auch unseren Spaß mit ihm haben" erkärte Price das Konzept von MythTV, das unter dem Schlagwort "Pay for the media, have control over the media" zusammengefasst werden kann.

Die für Open-Source-Konferenzen nicht ungewöhnliche, für eine Brainshare aber doch sehr untypische Veranstaltung zeigte die Bereitschaft von Novell, sich auf die ganze Vielfalt der Entwicklungen einzulassen – auch wenn man sicher nicht daran denkt, eine Home Appliance fürs Wohnzimmer zu entwickeln.

Zu Novells Brainshare 2006 siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)