Branchenreport Photonik: Leben vom Licht

Aus der Nische Photonik hat sich eine Technologie entwickelt, die zu den wichtigsten Zukunftsfeldern weltweit gehört. Das schafft spannende und sichere Jobs.

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Glasfaser, Daten, Licht
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Peter Ilg
Inhaltsverzeichnis

Ohne Licht geht es nicht. Das spüren wir gerade im Winter, wenn uns die Dunkelheit aufs Gemüt schlägt. Ganz nüchtern betrachtet ist Licht elektromagnetische Strahlung. Die lässt sich auf so vielfältige Art und Weise nutzen, dass es gleich einen ganzen Industriezweig gibt, der die Eigenschaften elektromagnetischer Wellen in seinen Produkten nutzt: die Photonik.

"Für uns als Industrieverband ist Photonik die Summe aller technischen Anwendungen des Lichts“, sagt Wenko Süptitz, Leiter des Fachverbands Photonik bei Spectaris, dem deutschen Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische Technologien. Die optischen Technologien, so ein Synonym für den Begriff Photonik, sind eine Querschnittstechnologie und Innovationstreiber in vielen Branchen.

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Technisches Licht macht das schnelle Internet erst möglich. Über Glasfaserkabel werden Daten in Häppchen transportiert. In der industriellen Fertigung kontrollieren Kameras die Qualität gefertigter Produkte. In der Medizintechnik wird Licht für die Diagnostik genutzt, indem Endoskope mit Kameras ausgestattet werden. Ein weiterer Einsatzzweck von technischem Licht ist Sensorik in Autos zur Abstandsmessung. Das funktioniert ähnlich dem Radar von Fledermäusen: Werden ausgesandte Impulse reflektiert, lässt sich daraus der Abstand zu einem Objekt messen. "Photonik war vielleicht mal eine Nischentechnologie, heute ist sie das nicht mehr, sondern gehört zu den wichtigsten Zukunftstechnologien langfristig und weltweit“, sagt Professor Jürgen Krapp von der Hochschule Aalen. Er leitet dort den Studiengang Applied Photonics.

Photonik ist zwar eine eigenständige Technologie, die sich aus der Optik und Elektrotechnik bildet. "Ihre Stärke entwickelt die Disziplin aber in Kombination mit anderen Technologien“, so der Professor, etwa der Elektrotechnik. Weil technisches Licht in vielen Anwendungen unterschiedlicher Branchen zum Einsatz kommt, bezeichnet Krapp die Berufsaussichten von Photonikern als hervorragend. "Ohne Licht würde vieles nicht mehr funktionieren.“ Die breite Nutzung der Technologie macht sie unabhängig von wirtschaftlichen Zyklen in den Branchen. Spezialisten fürs Licht gibt es nach Meinung von Krapp viel zu wenige. Wenn überhaupt, dann seien Physiker in der Lage, den Job zu machen.

Die Photonik ist eine wirtschaftlich starke Branche mit regelmäßig hohen Wachstumsraten beim Umsatz. Der lag 2018 laut Verband voraussichtlich bei 37 Milliarden Euro. Das ist ein Zuwachs von 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Um den gleichen Prozentsatz stieg die Anzahl der Beschäftigten auf aktuell 140.000. In den fünf Jahren zwischen 2014 und 2018 ist der Branchenumsatz um etwa 25 Prozent gestiegen und es wurden 10.000 neue Mitarbeiter eingestellt. „"Im laufenden Jahr erwarten wir beim Umsatz und in der Beschäftigung jeweils ein Plus zwischen 3 und 5 Prozent“, prognostiziert Süptitz. Das wäre dann zwar spürbar weniger als in den Jahren davor, aber immer noch deutlich mehr als die Wachstumsprognose der Bundesregierung mit 1 Prozent für die gesamte Konjunktur 2019. Das geringere Wachstum begründet der Verbandsmann mit allgemein nachlassender Wirtschaftslage.

Die Photonik ist eine extrem exportorientierte Industrie: Zwei Drittel des Umsatzes erwirtschaften die Unternehmen im Ausland. In Deutschland gibt es etwa 1.000 Firmen, die Photonik entwickeln und produzieren. Die Branche ist überwiegend mittelständisch geprägt mit Firmen zwischen 10 und 500 Mitarbeitern. In Thüringen, insbesondere in und um Jena liegt das Zentrum dieser Industrie. Andere bedeutende Cluster gibt es mit Wetzlar und Gießen in Mittelhessen. München ist ein weiterer starker Standort, wie Süddeutschland generell aufgrund des weit verbreiteten Automobil- und Maschinenbaus.

Wachstumstreiber der Technologie sind die Lasermaterialbearbeitung und hier vor allem die additive Fertigung mittels 3-D-Druck. Weil im Produktionsprozess zunehmend automatisiert wird, steigt die Nachfrage nach Sensorik und die Automobilbranche benötigt zunehmend Kameras und Sensoren für Assistenzfunktionen im Auto und automatisiertes Fahren. "Kameras und Sensoren sind ein Massengeschäft, das die Asiaten unter sich ausmachen könnten. Da dürfen wir den Anschluss nicht verlieren“, so Süptitz. Die Zeit wird zeigen, ob das gelingt.

Mit dem Feinoptiker gibt es nur einen dualen Ausbildungsberuf speziell für die Photonik. „Die Betriebe brauchen aber viele Facharbeiter, in denen das Wort Photonik nicht vorkommt“, so Süptitz. Mechatroniker, Elektroniker und Mikrotechnologen, um einige zu nennen. Studienmöglichkeiten für Photonik oder verwandte Fächer wie optische Technologien bieten gleich zwei Dutzend Hochschulen, teilweise mit Schwerpunkten wie Laser, Optik oder Photovoltaik. „Unsere Mitgliedsunternehmen können ihren Bedarf an akademischen Mitarbeitern gut decken. Schwierigkeiten haben sie mit Facharbeitern im gewerblichen Bereich“, so Süptitz. Obwohl die Jobs in der Produktion gut bezahlt seien, haben sie in den vergangenen Jahren an Attraktivität verloren. Den ganzen Tag an einer Maschine stehen und das im Schichtdienst, schreckt ab.

Um an geeignete Mitarbeiter zu kommen, werden die Unternehmen kreativer und suchen neue Leute aus branchenfremden Berufen: „Konditoren und Uhrmacher zum Beispiel, denn die bringen Feinkoordination mit“, sagt Süptitz. Auf feine Koordination und ein gutes Auge für Details und Exaktheit kommt es in der Photonik an. (axk)