Brasilien: Telegram-Sperre nach zwei Tagen wieder aufgehoben

Weil Telegram gerichtlichen Lösch-Aufforderungen nicht nachkam, verhängte der Gerichtshof eine landesweite Sperre des Dienstes. Das wirkte offenbar umgehend.

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(Bild: Justlight/Shutterstock.com)

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Erst am Freitag (18.3.) hatte der Oberste Gerichtshof in Brasilien die vollständige Sperrung des Messengerdienstes Telegram für das gesamte Land angeordnet. Der Grund: Telegram hatte Aufforderungen zum Löschen bestimmter beanstandeter Inhalte sowie Nutzerkonten ignoriert. Nun jedoch reagierte das Unternehmen prompt und kam den Auflagen nach – und schon am Sonntagabend hob das Gericht die Sperre wieder auf. Das berichtet die New York Times.

Die Bundespolizei in Brasilien ermittelt gegen einen Blogger, der auf dem Messengerdienst fragwürdige Inhalte verbreitet und der Präsident Jair Bolsonaro nahestehen soll. Im Zuge der Ermittlungen hatten die Bundespolizei sowie weitere Institutionen, darunter Mitarbeiter der Wahlbehörde sowie der Kongress des Landes, wohl schon seit Monaten versucht, Kontakt zu Telegram aufzunehmen und die Löschung der beanstandeten Inhalte zu erwirken – jedoch vergeblich, wie es im Bericht der New York Times heißt. Schließlich hatte die Bundespolizei vor Gericht die Löschung erwirkt, aber auch den gerichtlichen Aufforderungen war das Unternehmen nicht nachgekommen.

Daraufhin ordnete das Bundesgericht am vergangenen Freitag an, den Messengerdienst landesweit zu sperren. Und das hatte die gewünschte Wirkung: Das Unternehmen reagierte prompt und kam den Forderungen des Gerichts nach. Telegram löschte als vertraulich eingestufte Inhalte, die über das Konto von Präsident Bolsonaro verbreitet worden waren, und sperrte außerdem die Nutzerkonten eines Bloggers und Bolsonaro-Unterstützers, dem das Verbreiten von Falschinformationen vorgeworfen wurde.

Telegram-Gründer und -Chef Pawel Durov meldete sich selbst zu dem Vorfall und erklärte die Unstimmigkeiten: Sein Unternehmen habe die E-Mails vom Gericht schlicht "übersehen", schreibt die Times. Und er entschuldige sich beim Obersten Gericht für diese Nachlässigkeit, äußerte Durov. Am Sonntagabend hob das Gericht die Sperre wieder auf, da alle Auflagen erfüllt seien. Weil Internet-Provider in dem Land fünf Tage Zeit haben, eine solche Sperre umzusetzen, hatte sie praktisch noch nicht gegriffen.

Dabei beließ es der Messengerdienst aber nicht: Telegram will laut dem Bericht in Brasilien zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um das Verbreiten von Falschinformationen zu unterbinden. Dazu gehöre, geprüfte Informationen hervorzuheben und Fake News als solche zu markieren. Zusätzlich sollten Mitarbeiter die 100 beliebtesten Kanäle in Brasilien besonders im Auge behalten.

Präsident Bolsonaro war erzürnt über die Sperranordnung des Gerichts und nannte sie "inakzeptabel". Er ordnete seine Regierung an, dagegen juristisch vorzugehen. Telegram ist in Brasilien weitverbreitet und seine Bedeutung nimmt stetig zu. Bolsonaro folgen mehr als eine Million Telegram-Nutzer.

(tiw)