Breitbandverband: Angst vor zu viel Geld und um Infrastruktursicherheit

Bei der Jahrestagung des Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) dominierte das Thema der zukünftigen Bedingungen für den Glasfaserausbau in Deutschland.

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(Bild: ThomBal / Shutterstock.com)

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Einer schwänzte die Präsenzveranstaltung: Per Videogrußbotschaft verkündete Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP), dass der Breitbandausbau 2023 weiter voranschreiten werde. 157 Jahre nach dem Geburtstag der Rohrpost in Berlin sei schnelle Infrastruktur immer noch die Voraussetzung für das Übermitteln von Nachrichten. Damit das gelinge, überarbeite das BMDV nach dem Ausschöpfen der 3 Milliarden Euro Fördermittel für das Jahr 2022 nun die Förderkriterien.

Herzstück der neuen Förderung soll die sogenannte Potenzialanalyse sein, mit deren Hilfe die Förderung sinnvoller gestaltet werden soll. "Mit ihr sorgen wir für mehr Transparenz, welche unterversorgten Gebiete für einen eigenwirtschaftlichen Ausbau infrage kommen", sagte Wissing. Es gehe darum, "dass sinnvollere Fördergebiete gebildet und mit dem eigenwirtschaftlichen Ausbau verzahnt werden können." Allerdings müssten für schnellere Prozesse auch die Länder ihren Teil leisten und ihre Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung nutzen.

"Es wird jedenfalls am Geld nicht mehr scheitern", meint Breko-Verbandspräsident Norbert Westfal, Geschäftsführer der Ewe-Tel GmbH. Investoren drängten auf den deutschen Markt: "Wir sprechen von einem überzeichneten Markt." Westfal warnt vor einer Überkapitalisierung und damit auch vor einer zu breiten Förderung des Ausbaus – die Baukapazitäten seien beschränkt. Unterstützung für diese Position bekam Westfal dabei vom Präsidenten der Monopolkommission: "Wir haben kein Missing Money mehr", betonte Jürgen Kühling bei der Veranstaltung in Berlin. Es sei falsch, den "Sirenenklängen" zu folgen und zu viel Geld in den Markt zu geben. Der eigenwirtschaftliche Ausbau würde dadurch verteuert – und ein unpriorisierter Ausbau würde für alle teurer. Es brauche eine punktgenaue Förderung.

Dass die Aufgreifschwelle im neuen Förderprogramm abgeschafft werden soll, sehe die Monopolkommission kritisch, da dies nun mit einem neuen, bislang nicht erprobten Verfahren ersetzt werde, sagte Kühlung.

Für den Breko ist das Thema der Infrastruktursicherheit derzeit höchst relevant, denn viele der Glasfasercarrier entstammen der Energieversorgerbranche oder dem Stadtwerkeumfeld. Ein Anbieter berichtete von massiven DDoS-Attacken auf seine Rechenzentren. Allerdings sei auch die physische Sicherheit der Netze nach Attacken auf Glasfaserkabel der Deutschen Bahn und in Frankreich relevant: "Wir werden nicht jeden Meter kontrollieren können, aber die wesentlichen Elemente stehen stärker unter Schutz", erläuterte Verbandspräsident Norbert Westfal, Geschäftsführer der Ewe-Tel GmbH.

Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, verwies auf die derzeit volatile Bedrohungslage: "Nicht nur große und zahlungskräftige Unternehmen sind Ziel von Angriffen." Zwar sehe man erhöhte Aktivitäten. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sehe man aber bislang keine zielgerichtete Kampagne gegen Deutschland. Die Lage sei jedoch komplex und berge "enormes Eskalationspotenzial."

Beeilen will sich das BMI mit der Umsetzung der vom Europäischen Parlament verabschiedeten Revision der Netzwerk- und Informationssicherheitsrichtlinie (NIS2). Bis Ende 2024 soll die Umsetzung in deutsches Recht abgeschlossen sein, kündigte Schwarzelühr-Sutter an. Zudem könne es sein, dass die Bundesregierung bei der nach Veröffentlichung notwendigen Überarbeitung des IT-Sicherheitsgesetzes an einigen Stellen über die NIS2 hinausgehe: "Dass die NIS eine Richtlinie ist und keine Verordnung, begrüßen wir sehr", sagte die Parlamentarische Staatssekretärin – dies lasse mehr Spielraum.

Die NIS2 umfasst auch in Deutschland wesentlich mehr Unternehmen und auch die Verwaltung werde künftig IT-Sicherheitskriterien unterliegen, sagte die SPD-Politikerin. Statt bisher etwa 4.700 würden künftig nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes 29.000 Unternehmen und Verwaltungen unter die Vorgaben fallen. Bis Ende des Jahres will das BMI zudem die Eckpunkte für das sogenannte Kritis-Dachgesetz erarbeiten: Mit dem Vorhaben soll die Regulierung zu kritischer Infrastruktur auch über den Aspekt der IT-Sicherheit hinaus stärker adressiert werden. Schwarzelühr-Sutter kündigte an, dass die Eckpunkte sehr zeitnah in die Ressortabstimmung gegeben werden sollten.

(mho)