Briten entwickeln Bio-Kerosin aus menschlichen Fäkalien

Ein britisches Unternehmen arbeitet an CO₂-neutralem Bio-Kerosin. Der Ausgangsstoff ist reichlich vorhanden und ansonsten wenig begehrt: menschliche Fäkalien.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 136 Kommentare lesen

(Bild: aapsky/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Benjamin Kraft

Fliegen ist schlecht für die Umwelt, weil dabei mit herkömmlichen Treibstoffen wie dem Flugbenzin Kerosin große Mengen Treibhausgase freigesetzt werden, darunter viel Kohlenstoffdioxid (CO₂). Anders sähe es mit sogenannten Bio- oder eFuels aus, also Treibstoffen aus nachhaltigen Rohstoffen, die im Idealfall CO₂-neutral sind. Bislang wurden zur Gewinnung vor allem Futterpflanzen wie Mais und Raps oder gebrauchte Speiseöle genutzt.

Wie die britische Nachrichtensparte der BBC berichtet, erprobt ein britisches Unternehmen nun die Herstellung eines Bio-Treibstoffs aus menschlichen Fäkalien. James Hygate, Geschäftsführer von Firefly Green Fuels, beschreibt es so: "Wir wollten ein Ausgangsmaterial nutzen, das einerseits keinen besonderen Wert besitzt und andererseits reichlich verfügbar ist. Und Kacke gibt es reichlich." Zudem unterscheidet sich der Herstellungsprozess kaum von bisherigen Methoden – nur das Ausgangsmaterial ist ein anderes.

Das Firefly-Team hat bei der Erforschung mit der Cranfield University zusammengearbeitet, die zum Schluss kam, dass der neue Bio-Treibstoff einen 90 Prozent geringeren CO₂-Abdruck hat als herkömmliches Kerosin. "Selbstverständlich könnten wir im Produktionsprozess noch Energie einsparen", meint Hygate, "aber wenn man sich die Produktions- und Verwertungskette anschaut, dann ist eine Einsparung von 90 Prozent einfach spektakulär. Das ist schon aufregend, denn der Treibstoff stammt aus einer nachhaltigen Quelle, zu der wir allesamt beitragen!"

Erste unabhängige Tests unter anderem durch das Institut für Verbrennungstechnik am DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) und der Washington State University bescheinigen Fireflys Fäkalien-Sprit, sich von Kerosin aus fossilen Quellen chemisch kaum zu unterscheiden. Über die Vermittlungsstelle UK SAF (Sustainable Aviation Fuels) an der University of Sheffield sollen nun weitere Untersuchungen beauftragt werden; das britische Verkehrsministerium hat dazu einen Forschungszuschuss in Höhe von 2 Millionen Pfund bewilligt.

Doch wie viel menschlichen Mist braucht man, um grün zu fliegen? Hygate rechnet vor: Jeder Mensch produziert im Jahr in etwa genug Schmutzwasser, um vier bis fünf Liter Bio-Kerosin daraus zu gewinnen. Für einen Flug von New York nach London mit einem herkömmlichen Passagier-Jet bräuchte man also in etwa den jährlichen Output von 10.000 Menschen. Und natürlich dasselbe noch einmal für den Rückflug. Anders ausgedrückt, würde das Gesamtaufkommen des Abwassers in Großbritannien etwa fünf Prozent des jährlichen Kerosinbedarfs decken. "Das ist doch aufregend! Es gibt eine gesetzliche Auflage zur Beimischung von 10 Prozent nachhaltiger Treibstoffe – und die Hälfte davon könnten wir mit menschlichen Fäkalien abdecken!"

Hygate betont weiter: "Auch wenn wir das Kacke-Kerosin hier in Großbritannien entwickeln, hat das weltweites Potenzial. Gerade Großstädte bieten riesige Möglichkeiten. Die Mengen an Sprit, die wir herstellen können, sind immens."

Wer hinter Firefly eine zweifelhafte Firma vermutet oder alles für eine windige Geschäftsidee hält, irrt: Das Unternehmen gibt es inzwischen seit rund 10 Jahren. Erste Erfahrungen sammelte Hygate nochmals ein Jahrzehnt davor mit der Entwicklung von nachhaltigem Bio-Diesel aus Rapsöl.

Update

Falsches Wort im zweiten Absatz ersetzt.

(bkr)