Britisches Patentamt freundet sich mit Softwarepatenten an

Der stellvertretende Direktor des UK Intellectual Property Office (IPO) hat beschlossen, dass einer Software, die einen Computer "schneller und zuverlässiger" macht, der gewerbliche Rechtsschutz prinzipiell nicht verwehrt werden kann.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 52 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Das britische Patentamt passt seine Vergaberegeln rund um "computerimplementierte Erfindungen" weiter der umstrittenen Praxis des Europäischen Patentamtes (EPA) an. So hat der stellvertretende Direktor des UK Intellectual Property Office (IPO), Andrew Bartlett, in einer jetzt bekannt gewordenen Entscheidung (PDF-Datei) beschlossen, dass einer Software, die einen Computer "schneller und zuverlässiger" macht, der gewerbliche Rechtsschutz prinzipiell nicht verwehrt werden kann. Dies ist eine Abkehr von der bisherigen Linie der Briten, das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) im Gegensatz zum EPA wörtlich zu nehmen. Die Basis für die Erteilung von Patenten in Europa besagt, dass Software "als solche" nicht schutzwürdig ist.

Das britische Patentamt zog diese Anforderung bislang schon sehr früh in einem Prüfverfahren heran und sortierte damit viele Schutzanträge für Computerprogramme von vornherein aus. Nokia klagte als Eigner der Entwicklungsgesellschaft Symbian gegen dieses Vorgehen und bekam vom britischen Berufungsgericht im Herbst 2008 recht. Dieses bestätigte damals, dass die Ablehnung eines Patentantrags von Symbian auf ein Indexverzeichnis für Bibliotheksfunktionen in einem Betriebssystem durch das britische Amt nicht zulässig war. Die Patentprüfer hätten bei der Betrachtung des "technischen Effekts" der Erfindung des Herstellers von Software für mobile Endgeräte eine zu "enge" Sichtweise angewandt.

Im Lichte dieser Entscheidung hat Bartlett den Fall nun noch einmal behandelt. Dabei kommt er zum Schluss, dass die im Patentantrag umschriebenen Instruktionen ein "technisches" Problem lösen. Dabei beschränkten sich die Auswirkungen der beanspruchten Erfindung nicht allein auf den Computer, auf dem sie ablaufe. Nicht nur ein Programm werde also verbessert, sondern die Datenverarbeitung auf einem Rechner allgemein. Obwohl die Neuerung also in Software implementiert sei, schaffe sie einen technischen Beitrag. Sie sei somit mehr als ein reines Computerprogramm.

Konkret geht es in dem Antrag um Schutzrechte auf das Zusammenspiel von Dynamic Link Librarys (DLL) mit dem Symbian-Betriebssystem. Damit sollen Programme etwa auf Mobiltelefonen schneller ablaufen können. Auch wenn Bartlett den technischen Beitrag jetzt anerkennt, hat er inhaltlich aber noch Bedenken gegenüber der Vergabe eines Patents. Alle Ansprüche in der Anmeldung schlössen nämlich die Anforderung ein, dass die modularen Software-Elemente sich eine standardisierte Schnittstellenstruktur teilen, über die sie "aufgerufen" werden könnten. Die angemeldete Spezifikation unterstützte diese Funktion nicht in gleicher Weise, sodass hier nachgebessert werden müsste.

Insgesamt passt sich das britische IPO so der Linie des EPA an, wonach Patentanträge zunächst allgemein auf den "technischen Charakter" der beschriebenen Erfindungen zu prüfen sind. Das Ausschlusskriterium von Software "als solcher" kommt dabei nicht mehr zum Tragen, auch wenn die allgemeinen Patentierungshürden der Höhe und der Neuheit der beanspruchten Erfindung noch übersprungen werden müssen. Als technisch sieht die Münchner Behörde eine Datenverarbeitung etwa an, wenn sie sich auf physikalische Datenparameter oder die Kontrolle eines industriellen Prozesses bezieht. Aber auch, wenn es um die Veränderung der grundsätzlichen Arbeitsweise eines Computers etwa durch eine effizientere Speicheraufteilung oder eine Erhöhung der Geschwindigkeit oder Sicherheit eines Prozesses geht, läuft der Prüfvorgang weiter. (Stefan Krempl) / (anw)