Bundesarbeitsgericht: Privates Websurfen kann zu Kündigung führen
Auch wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ausdrücklich verboten hat, verletzt der Arbeitnehmer mit einer intensiven privaten Nutzung des Internet während der Arbeitszeit seine arbeitsvertraglichen Pflichten, meint das Bundesarbeitsgericht.
Arbeitnehmern kann beim Surfen im Internet während der Dienstzeit die fristlose Entlassung drohen. Ob die Kündigung in einem solchen Fall wirksam ist, hängt von der Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls ab, hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt heute entschieden (2 AZR 581/04). Damit muss sich das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz erneut mit dem Fall eines Schichtführers in einem BASF-Werk befassen, der gegen seine Kündigung wegen der Privatnutzung des Internets geklagt hatte.
"Auch wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ausdrücklich verboten hat, verletzt der Arbeitnehmer mit einer intensiven zeitlichen Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglichen Pflichten", teilt das Bundesarbeitsgericht mit. Das gelte insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt zugreift. Das Landesarbeitsgericht hatte entschieden, wenn Art und Ausmaß des Verbots der privater Internetnutzung am Arbeitsplatz unklar sind, komme eine außerordentliche Kündigung nicht in Betracht.
Das Landesarbeitsgericht soll nun aufklären, "in welchem zeitlichen Umfang der Kläger seine Arbeitsleistung durch das Surfen im Internet zu privaten Zwecken nicht erbracht und dabei seine Aufsichtspflicht verletzt hat, welche Kosten dem Arbeitgeber durch die private Internetnutzung entstanden sind und ob durch das Aufrufen der pornographischen Seiten der Arbeitgeber einen Imageverlust erlitten haben könnte", teilt das Gericht weiter mit. Auch müsse geprüft werden, ob wegen der langen Beschäftigungsdauer des Klägers und des vielleicht nicht klaren Verbots der Internetnutzung zu privaten Zwecken eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unverhältnismäßig ist.
Der Kläger war seit 1985 bei der Beklagten beschäftigt. 2002 schaltete der Arbeitgeber den Zugang zum Internet für den Betrieb frei. Nachdem der Betriebsleiter einen erheblichen Anstieg der Internetkosten bemerkt hatte, stellte der werkseigene Ermittlungsdienst fest, dass in der Zeit von September bis November 2002 von den Schichtführerzimmern aus auf Internetseiten auch mit pornographischem Inhalt zugegriffen worden war. Die Beklagte hat dem Kläger eine private Nutzung des Internet in dem genannten Zeitraum von insgesamt 18 Stunden einschließlich 5 Stunden für ein Surfen auf pornographischen Seiten vorgeworfen.
Die beklagte Firma kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers. Dieser hatte Zugriffe auf das Internet -- auch während der Arbeitszeit -- eingeräumt, aber behauptet, er habe das Internet höchstens für etwa bis zu fünfeinhalb Stunden privat genutzt. Davon habe er allenfalls maximal 70 Minuten Seiten mit pornographischem Inhalt aufgerufen. Von dem Verbot der Beklagten, auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt zuzugreifen und entsprechenden Warnhinweisen habe er nichts gewusst. (anw)