Bundeskartellamt: Deutsche Bahn begeht Marktmissbrauch

Das Bundeskartellamt will verhindern, dass sich "verkrustete Strukturen" in die Verkehrsmärkte der Zukunft ausbreiten.

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Menschen wie diese könnten auf Plattformen gelockt werden, meint die Deutsche Bahn.

(Bild: Deutsche Bahn)

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Die Deutsche Bahn verstößt nach Meinung des Bundeskartellamts gegen das Kartellrecht, da der Konzern seine Marktmacht gegenüber Mobilitätsplattformen missbrauche. Die Aufsichtsbehörde hat die DB daher aufgefordert, einige Verhaltensweisen und Vertragsklauseln zu ändern.

Die Kartellwächter kritisieren, dass die DB Mobilitätsplattformen verbietet, wichtige spezifische Begriffe wie "DB Bahn", "ICE" oder "bahn.de" und die Kombination dieser Begriffe mit anderen Wörtern – etwa "DB Flixtrain Vergleich" oder "DB Lufthansa Aachen Madrid" – als Schlagworte zu benutzen und damit in App Stores, auf Suchmaschinen und in sozialen Netzwerken zu werben. Dadurch könnten diese Plattformen nur sehr eingeschränkt dort auffindbar sein, wo Reisende nach digitalen Mobilitätsangeboten suchen. Um welche Plattformen es konkret geht, schreibt das Bundeskartellamt nicht.

Weiter bemängelt die Behörde Rabattverbote der DB. Plattformen dürften "auf DB-Fahrscheine keine indirekten und direkten Rabatte gewähren, auch wenn sie den vollen Fahrpreis an die DB auskehren". Weil die DB Plattformen, die für den Konzern die Buchungen und Zahlungen abwickeln, dafür nicht vergüte, würden diese gegenüber jenen benachteiligt, die solche Leistungen nicht erbringen. Dabei weist das Bundeskartellamt auf Kosten hin, die durch Zahlungen, Betrugsausfälle, Kundensupport, technische Systeme und Sicherheitsvorkehrungen entstehen.

Weitere Vorwürfe betreffen den Zugang zu den Verkehrsdaten. Die Bahn verweigere den Mobilitätsplattformen den fortlaufenden und diskriminierungsfreien Zugang zu allen von ihr kontrollierten Daten in Echtzeit, die für die Organisation und Buchung von Reisen mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln unerlässlich seien (sog. Prognosedaten). Dabei geht es um Verspätungen, Zugausfälle oder ausgefallene und zusätzliche Halte, Gründe für Verspätungen oder Ausfälle, zusätzliche Fahrten oder Ersatzverkehre, aktuelle Gleisangaben oder Gleiswechsel und Daten zu Großstörungsereignissen.

Diese Missstände muss die Bahn laut einer Anordnung des Bundeskartellamts abstellen. Zuvor seien Verhandlungen darüber gescheitert, sagte Kartellamts-Präsident Andreas Mundt. Die DB kann innerhalb eines Monats Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen, über die dann das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden würde. Das wird die DB voraussichtlich machen, in einer Mitteilung kündigte sie an, Rechtsmittel gegen den Bescheid des Bundeskartellamts einzulegen.

Die Bahn erläutert, in dem Verfahren sei es ursprünglich nur um die Weitergabe der Echtzeitdaten gegangen. Die DB habe frühzeitig verdeutlicht, dass sie ihre Echtzeitdaten als Teil der EU-Fahrgastrechte-Verordnung ab dem 7. Juni mit ihren Vertriebspartnern teilen werde. Das Bundeskartellamt kritisiert dem gegenüber unter anderem, dass die DB nur Prognosedaten des Fernverkehrs, nicht aber der DB Regio oder anderer Gesellschaften bereitstellen wollte. Bei früherer Gelegenheit hatte die Bahn eingewandt, dass die Weitergabe von Prognosedaten illegal wäre.

Über das ursprüngliche Thema gehe der Beschluss des Kartellamts weit hinaus, merkt die Bahn an. Sie werde verpflichtet, Online-Plattformen für den Verkauf von DB-Fahrscheinen zu vergüten, selbst wenn deren Leistungen "aufgrund sehr gut ausgebauter eigener DB-Vertriebskanäle keinen Mehrwert für die DB bieten". Hinter den Online-Plattformen stünden oftmals kapitalkräftige US-Großbanken, weltweit agierende Vermögensverwaltungsgesellschaften und Fonds. Wenn die Bahn markenrechtlich geschützte Begriffe wie "bahn.de" für Suchmaschinenmarketing freigeben würde, könnte die Kundschaft künftig auf der Website einer solchen Online-Plattform landen. Diese könnten also Kunden weg von den DB-Kanälen zu sich selbst locken.

Das Kartellamt greife in Kernfragen in die unternehmerische Freiheit der DB ein, meint die Bahn. Ihr würden finanzielle Mehrbelastungen auferlegt, die zu höheren Ticketpreisen und weniger Investitionen führen könnten. Dabei habe die DB mit bahn.de und der App DB Navigator selbst "leistungsstarke und erfolgreiche Vertriebsplattformen, in deren Ausbau sie weiter investieren möchte". Das Kartellamt hingegen betont, der Schienenpersonenverkehr sei nach wie vor erheblich durch das vertikal integrierte Staatsunternehmen DB dominiert. "Das Verfahren soll dazu beitragen, dass diese verkrusteten Strukturen sich nicht auch noch in die Verkehrsmärkte der Zukunft ausbreiten."

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(anw)