Bundesnetzagentur: Telekom behindert Wettbewerb im Geschäftskundenmarkt

Bis zu 696 Tage brauchte die Telekom, um anderen Providern wichtige Vorleistungen für Internetzugänge zur Verfügung zu stellen. Der Regulierer greift nun ein.

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Techniker am offenen Verteilerkasten für Telefonleitungen

Der Weg zum Kunden führt für alternative DSL-Anbieter über die Teilnehmeranschlussleitung der Telekom.

(Bild: heise online/vbr)

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Nicht nur Privatkunden der Deutschen Telekom haben manchmal mit schlechter Termintreue und langen Wartezeiten zu kämpfen. Auch die Wettbewerber im Großkundenmarkt sind von solchen Praktiken betroffen, wie die Bundesnetzagentur jetzt auf einen im Oktober gestellten Antrag des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) offiziell festgestellt hat: Der Bonner Konzern hat seine beträchtliche Marktmacht im Geschäftskundenmarkt demnach "missbräuchlich" ausgenutzt und die Konkurrenz behindert.

In der Auseinandersetzung geht es um Vorleistungen der Telekom etwa für schnelles Internet, ohne die viele Herausforderer keine eigenen Dienste anbieten können. So benötigen die Anbieter in der Regel Zugang zu der von der Telekom kontrollierten Teilnehmeranschlussleitung, um einem Kunden einen (V)DSL-Anschluss schalten zu können. Solange es noch keine bundesweiten alternativen Gigabitnetze gibt, seien die Wettbewerber "bei der Realisierung von Geschäftskundenanschlüssen in ganz Deutschland auf das Kupfernetz der Telekom und deren Vorprodukte angewiesen", erklärt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.

Da es dabei immer wieder zu Problemen kam, stieß der Verband gemeinsam mit Mitgliedsunternehmen wie BT, Colt, EWE und Vodafone ein Missbrauchsverfahren nach Paragraf 42 Telekommunikationsgesetz (TKG) an. Nach der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar stellt die Bundesnetzagentur in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss (Az. BK2c-19/032) nun fest, dass sich die Telekom vertraglichen Regelungen zu angemessenen Fristen für Auftragsbestätigungen und Produktbereitstellungen sowie zu Vertragsstrafen bislang missbräuchlich verweigerte.

Die Regulierungsbehörde untersuchte in dem Verfahren auch, wie lange die Telekom brauchte, um tatsächlich die gewünschten Vorleistungsdienste bereitzustellen. Im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019 kamen sie dabei auf 71, maximal sogar 696 Arbeitstage. Zuletzt hatten sich die Laufzeiten nach VATM-Angaben "immer weiter verschlechtert". Laut der Entscheidung beeinträchtigte die Telekom damit auch die Wettbewerbsmöglichkeiten der alternativen Anbieter erheblich. "Die faire Teilnahme an Ausschreibungen der Wirtschaft wurde hierdurch oftmals verhindert", moniert Grützner.

Der Regulierer hat die Telekom nun verpflichtet, ihre Bedingungen für Großkundengeschäfte deutlich zu verbessern und beim Bereitstellen die eigentlich schon festgeschriebenen Fristen nicht mehr zu überschreiten. Für den Fall einer Verzögerung müsse der Konzern anstelle der bisherigen Schadenspauschalen "eine vertragliche Regelung" zu Vertragsstrafen anbieten. Die Mindesthöhe habe sich aus einem Sockelbetrag sowie einem pro Werktag der Verzögerung anfallenden Aufschlag zusammenzusetzen.

Der VATM hatte noch kürzere Fristen, höhere Vertragsstrafen sowie Schadenersatz gefordert. Diese Anträge wies die Bundesnetzagentur zwar zurück. Sie kündigte aber an, weitere Korrekturen in noch laufenden Verfahren zu prüfen und diese dann auch wieder verbindlich gegenüber der Telekom anzuordnen. Zudem hat sich die Behörde vorbehalten, die Einhaltung der Regeln umfänglich zu überwachen.

Grützner begrüßte den Beschluss, da der Regulierer damit klare Kante zugunsten "der Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft" zeige. Die Ansage sei zudem "eine gute und wichtige Grundlage für unsere weiteren Verhandlungen mit der Telekom". Der Konzern kann gegen die Entscheidung noch innerhalb eines Monats beim Verwaltungsgericht Köln klagen. "Wir prüfen jetzt den Beschluss und behalten uns rechtliche Schritte vor", erklärte eine Sprecherin gegenüber heise online.

(vbr)