Bundesrechnungshof fordert Einsatz von Open Source

Die Bundesverwaltung soll "alsbald" bestehende Einsparungspotenziale nutzen und freie Software auch im Desktop-Bereich einsetzen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 672 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Der Bundesrechnungshof macht sich in einer an das Bundesinnenministerium gerichteten Prüfungsmitteilung mit ungewohnt deutlichen Worten für den Einsatz von Open-Source-Software in der Bundesverwaltung stark. Linux und andere im offenen Quellcode verfügbare Applikationen sind dem heise online vorliegenden Bericht zufolge ohne Wenn und Aber reif für die Verwendung in den Büros der Verwaltungsmitarbeiter.

In der Zusammenfassung der Prüfungsergebnisse heißt es: "Open Source Software bzw. damit vergleichbare Software hat ein Niveau an Benutzerfreundlichkeit und Leistungsfähigkeit erreicht, das mit bisher im Office-Bereich eingesetzter Software vergleichbar ist. Alle wichtigen Anwendungsgebiete in der Bundesverwaltung werden abgedeckt."

In der über 40-seitigen Studie führt der Rechnungshof weiter aus, dass im Büro-Alltag keine gravierenden Probleme beim Datenaustauch mit den bislang eingesetzten Office-Paketen von Microsoft oder bei der Konvertierung von Makros zu erwarten seien. Auch der Schulungs-, Einführungs- und Migrationsaufwand sei "annähernd gleich mit demjenigen bei der bisher eingesetzten Software". Dazu komme der Vorteil, dass eine Umrüstung auf Open Source "Herstellerabhängigkeiten und damit die im Bundesbereich vorhandene 'Monokultur' an Bürokommunikations-Softwareprodukten verringern" könne. Ein weiteres Plus von Linux und Co. sehen die Experten des Bundesrechnungshofs in den im Vergleich zu Microsoft-Produkten niedrigeren Anforderungen an die Hardware.

Insgesamt, so schlussfolgern die Kassenprüfer des Bundes in ihrem im April 2000 begonnenen und bereits im vergangenen Jahr an das Innenministerium versandten Bericht, stehe damit Einsparungen von bis zu 200 Millionen Mark in der Bundesverwaltung nichts mehr im Wege. Um dieses Potenzial "alsbald" zu nutzen, empfiehlt der Rechnungshof, Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit einem Vergleich zwischen der bisher "vorgesehenen" Microsoft-Software und der gangbaren Open-Source-Alternative durchzuführen. Gleichzeitig sollte aufgrund der raschen Entwicklung neuer Lösungen im Bereich freier Software ein "regelmäßig stattfindendes Forum" zum Erfahrungsaustausch eingerichtet werden.

Bislang sind die klaren Forderungen in den Ministerien und den Verwaltungsstuben noch kaum auf fruchtbaren Boden gefallen. In Ämtern wie der Bundesanstalt für Wasserbau laufen zwar Untersuchungen über zukünftige Open-Source-Strategien für die rund 15.000 Mitarbeiter. Doch Entscheidungen gibt es bislang nicht. Das vom Rechnungshof direkt angesprochene Bundesinnenministerium hat ferner eine Migrationsstudie bei der Berliner Firma Infora durchführen lassen. Im Gegensatz zu den Kassenwarten des Bundes erteilten die Analysten aufgrund "umfangreicher Umstellungs- und Anpassungsmaßnahmen" einem abrupten Wechsel zu Linux allerdings vorläufig eine Absage. Die geforderte Wirtschaftlichkeitsanalyse für eine komplette Migration hin zu Open Source unterblieb daher.

Auch für den Bundestag, wo am Donnerstag in der Kommission für Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) des Ältestenrates über den Einsatz eines neuen Betriebssystems entschieden werden soll, hat Infora nach Vorgaben der Verwaltung eine ausführliche Analyse erstellt. Auch darin haben die Berater die vollständige Hinwendung zur Open-Source-Welt verworfen, da diese mit zu viel Aufwand und Umgewöhnungsproblemen verbunden sei. Die Kostenanalyse bezieht daher nur zwei Mischlösungen mit Windows XP auf den Clients in die Rechnung mit ein.

Neben dem Bundesrechnungshof hat bereits auch der Bayerische Oberste Rechnungshof mit ähnlichen Argumenten den verstärkten Einsatz von Open Source gefordert. Die Landesprüfer veranschlagten alleine die Kosten, die durch Microsofts neues Lizenzmodell für bayerische Ämter entstehen, auf bis zu 18 Millionen Euro. (Stefan Krempl) / (anw)