Bundesregierung: Internet ist ein Mysterium für "Bild"

Man verfolge mit Amüsement die Versuche einiger Boulevardzeitungen, sich mit dem Mysterium Internet auseinanderzusetzen, sagte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye.

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Von
  • Jürgen Kuri

"Mit Amüsement verfolgt die Bundesregierung die Versuche einiger Boulevardzeitungen, sich mit dem Mysterium Internet auseinander zu setzen", lautete der süffisante Kommentar von Uwe-Karsten Heye, Sprecher der Bundesregierung, zu der Aufregung nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung. Das Blatt hatte am Mittwoch mit einem Artikel über angebliche Porno-Links auf der Home-Page des Familienministeriums aufgemacht.

"WWW heißt ja nicht, 'was wir wollen', sondern 'world wide web'", meinte der Regierungssprecher laut dpa. Das weltweite Netz sei eben für jeden zugänglich. Die Bundesregierung werde aber dennoch daran festhalten, "das Internet offensiv als modernes und zukunftsträchtiges Kommunikations- und Informationsmittel zu nutzen", sagte Heye. Darin werde man sich auch nicht beirren lassen durch Versuche, "die Bundesregierung zum Promoter der einen oder anderen Schmuddelecke zu machen."

Man wisse, dass man für den "Dschungel auf der Datenautobahn eine Machete" brauche, um an vernünftige Informationen zu kommen, erklärte Heye weiter. So sei es auch nicht verwunderlich, dass man von der zweiten Ebene der Home-Page der Bundesregierung zu den Seiten der Länder komme. Von der Berliner Seite gelange man halt in das ganze bunte Metropolenangebot und so etwa auch auf die Home-Page der Homosexuellen-Zeitschrift "Die Siegessäule".

Kommentar: So viel Souveränität hätten wir von bundesdeutschen Politikern gar nicht mehr erwartet. Die panische Reaktion der Familienministerin Dr. Christine Bergmann, die den vermeintlich anrüchigen Link auf Powercat, den Web-Katalog speziell für Frauen, sofort nach dem "Bild"-Bericht von der Web-Seite nehmen ließ, zeugte nicht gerade von tieferer Einsicht in die Verhältnisse im Internet. Ob sich allerdings auch die Politiker von CDU und FDP, die im Verein mit "Bild" die Familienministerin attackiert hatten, zu einem etwas souveräneren Umgang mit dem Internet durchringen können, steht noch in den Sternen. Einige verdutzte Beobachter der Geschehnisse kommentierten bereits, die Politiker hätten sich mal wieder durch ihre freizügig geäußerte Unkenntnis über das Web unsterblich blamiert – nicht zuletzt deswegen, da es bei den CDU-Web-Seiten genau so einfach wie bei der Bundesregierung ist, auf vermeintlich pornografische Inhalte im Web zu gelangen. (jk)