Bundesregierung: "Kein Bedürfnis", DSGVO-Abmahnungen zu untersagen

Der Bundesrat will es untersagen, Datenschutzverstöße bei Wettbewerbern zu verfolgen. Die Regierung nimmt das Anliegen ernst, es komme aber zu früh.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 50 Kommentare lesen
Gebäude des Bundesrats in Berlin Au0enansicht

Gebäude des Bundesrates in Berlin.

(Bild: Bundesrat)

Lesezeit: 2 Min.

Die Bundesregierung wird eine Gesetzesinitiative des Bundesrats, mit der dieser wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen auf Basis potenzieller Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) das Wasser abgraben will, vorerst nicht aufgreifen. Sie nehme das Anliegen des Bundesratsentwurfs, Unternehmen vor missbräuchlichen Abmahnungen zu schützen, "sehr ernst", schreibt die Regierung in ihrer jetzt veröffentlichten Stellungnahme. Sie sehe aktuell aber "kein Bedürfnis" für die vorgeschlagene Gesetzesänderung.

Der Bundesrat fordert, dass Firmen nicht mehr nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gegen Konkurrenten vorgehen können, weil diese möglicherweise datenschutzrechtliche Vorschriften wie die DSGVO verletzt haben. Die Bundesregierung hält nun dagegen: Zum einen sei der Gefahr rein wirtschaftlich motivierter Abmahnungen von Mitwerbern bei Verstößen gegen das Datenschutzrecht schon durch eine "grundlegende Reform des Abmahnwesens" durch das "Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs" von 2020 begegnet worden. Verstöße gegen gesetzliche Kennzeichnungs- und Informationspflichten im Internet können damit zwar noch abgemahnt werden. Für Mitbewerber besteht aber kein Anspruch auf Kostenerstattung mehr. Dies gilt auch bei Datenschutzverstößen von Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern.

Damit sei "ein sachgerechter Kompromiss gefunden" worden, "der den finanziellen Anreiz für die Abmahnung von Datenschutzverstößen effektiv begrenzt", schreibt die Regierung. Zum anderen sei die im Gesetz angesprochene Rechtsfrage aktuell Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens des Bundesgerichtshofes (BGH) beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Das entsprechende Urteil, mit dem in wenigen Monaten zu rechnen sei, solle zunächst abgewartet werden.

Den Ländern scheint Eile dagegen geboten. Ihnen zufolge besteht aktuell weiter die Gefahr, dass die herrschende Rechtsunsicherheit ausgenutzt werde, um gegenüber Wettbewerbern "zur Förderung eigener geschäftlicher Interessen missbräuchliche Abmahnungen auszusprechen oder gerichtliche Verfahren zu führen". In der Praxis habe sich das besondere Missbrauchspotenzial beim Datenschutzrecht zuletzt deutlich bei der Abmahnwelle im Zusammenhang mit der Einbindung von Google Fonts auf Webseiten gezeigt. Die finale Entscheidung über den Gesetzentwurf der Länder soll nun der Bundestag treffen. Die Regierung hat die Vorlage dem Parlament zusammen mit ihren Anmerkungen am Mittwoch zugeleitet.

(nie)