Bundesregierung: Umstrittene Europol-Datendrehscheibe soll ausgebaut werden​
Europol steht als "Datenwaschanlage" für die EU-Staaten in der Kritik. Aus und nach Deutschland sollen bald noch mehr Daten fließen.​
Deutsche Behörden sollen mehr Daten an Europol schicken dürfen, wünscht die Bundesregierung. Zugleich sollen sich deutsche Behörden mehr Daten von Europol holen. Beides sieht der Regierungsentwurf für eine Novelle des Europol-Gesetzes vor. Damit würden die nationalen Bestimmungen an die umstrittene neue Europol-Verordnung der EU-Kommission angepasst. Sie erlaubt Europol-Ermittlern, umfangreiche und komplexe Datensätze zu verarbeiten und mit Big-Data-Analysen die Mitgliedstaaten in ihrem Kampf gegen schwere Kriminalität und Terrorismus zu unterstützen.
Laut dem Regierungsentwurf der Novelle des Europol-Gesetzes soll der Kreis der berechtigten Behörden für Datenaustausch mit Europol erweitert werden. Neben dem Bundeskriminalamt (BKA), der Bundespolizei und dem Zollfahndungsdienst soll dies zum Beispiel künftig auch weiteren Ermittlungsbehörden des Zolls wie der Finanzkontrolle Schwarzarbeit und der Bundesfinanzverwaltung möglich sein, die mit Verhütung und Bekämpfung von Straftaten im Zuständigkeitsbereich Europols betraut sind. Eingeschlossen werden zudem die Zentralstelle für Sanktionendurchsetzung sowie "künftig einzurichtende Ermittlungsbehörden" wie das Ermittlungszentrum Geldwäsche. Sie dürfen laut Entwurf "Informationen zur Analyse in einer laufenden konkreten strafrechtlichen Ermittlung sowie zur Speicherung für die Dauer zusammenhängender Gerichtsverfahren an Europol übermitteln".
Die überarbeitete Europol-Verordnung sieht vor, ausgewählten Mitgliedstaaten für gemeinsame operative Analysen "Vollzugriff auf bestimmte Informationen" einzuräumen. Entsprechend sollen deutsche Behörde bei Datenlieferungen an Europol angeben, was davon anderen EU-Ländern für entsprechende Zwecke direkt zugänglich sein soll. Für Daten, die bei Europol zum Zweck der operativen Analyse verarbeitet werden, ist nach derzeitiger Rechtslage nur eingeschränkter Zugang nach dem "Treffer/Kein-Treffer"-Verfahren möglich.
DatenschĂĽtzer gegen MassenĂĽberwachung durch Europol
Auch für öffentliche Fahndungsaufrufe sollen personenbezogene Daten fließen. Für Datentransfers sollen allgemein die "für die jeweilige Behörde geltenden Rechtsvorschriften" gelten. "Die datenschutzrechtlichen Verwendungsbeschränkungen nach nationalem Recht bleiben für die nationale Verwendung der an Europol übermittelten Daten unberührt", heißt es in dem Entwurf weiter. Beispielhaft verweist die Regierung in der Begründung auf das Steuergeheimnis aus der Abgabenordnung für Zoll- und Finanzdaten sowie vergleichbare Bestimmungen in den Sozialgesetzbüchern I und X, die auch vom BKA als nationale Stelle insoweit zu beachten seien.
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Aufsichtsbehörden haben das Europol-Computersystem wiederholt als eine Art "Datenwaschanlage" kritisiert. Strafverfolgungsbehörden können demnach im Zweifel umfangreichere personenbezogene Dossiers in Den Haag "parken", als es ihnen national erlaubt ist. Der EU-Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiórowski hat 2020 gerügt, dass Europol-Ermittler mit dem Sammeln und Analysieren nicht mehr überschaubarer Datenmengen ihre Befugnisse überschritten und rechtswidrig gehandelt hätten. Unverdächtige wie Opfer, Zeugen oder Kontaktpersonen liefen damit Gefahr, "unrechtmäßig mit krimineller Aktivität in der gesamten EU in Verbindung gebracht zu werden".
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hebt indes hervor: "Wir verstärken die Zusammenarbeit mit Europol weiter. Für effektive Ermittlungen, Fahndungen und Zugriffe ist es entscheidend, dass Daten zwischen den Ermittlern schnell ausgetauscht werden." Europol sei ein unverzichtbarer Partner im Kampf gegen organisierte Kriminalität.
(ds)