Bundesregierung befürwortet neue Vorgaben für Smart-Meter-Hochlauf

Das Kabinett hat eine Novelle des Energiewirtschaftsrechts auf den Weg gebracht, die neue Schwerpunkte und Preise für die Smart-Meter-Einführung vorsieht.

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Stromzähler, im Hintergrund ein Strommast vor leichter Bewölkung

(Bild: Krisana Antharith/Shutterstock.com)

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Staat und Wirtschaft sollen bei der Einführung von Smart-Meter-Gateways (SMGWs) den Fokus neu legen. Dies sieht ein Gesetzentwurf zur Novelle des Energiewirtschaftsrechts vor, den die Bundesregierung am Mittwoch auf den Weg gebracht hat. Der Kern des Vorhabens sind Anpassungen des Messstellenbetriebsgesetzes. Demnach soll der aktuelle reine Smart-Meter-Hochlauf zu einem "Smart-Grid-Rollout" weiterentwickelt werden. Kern dabei ist die Integration der Steuerbarkeit von "Energiewendeanlagen", also kleineren Erzeugungsanlagen und steuerbaren Verbrauchseinrichtungen. Das heißt konkret: Bei Wärmepumpen, privaten Wallboxen fürs E-Auto, Klimageräten oder auch größeren Batteriespeichern soll die bereits bestehende Option besser genutzt werden, die Stromzufuhr bei drohender Netzüberlastung temporär zu drosseln.

"Mit dem erfreulich zunehmenden Anteil an erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung werden Lastflexibilität und die Steuerbarkeit von Erzeugungsanlagen in Spitzenzeiten zunehmend zum entscheidenden Faktor für die Systemsicherheit", begründet die Regierung in dem heise online vorliegenden Entwurf diesen Ansatz. Die Digitalisierung der Energiewende sei – insbesondere auch in Zeiten temporärer Erzeugungsüberschüsse – unverzichtbar für einen wirtschaftlich und operativ resilienten Systembetrieb. Deswegen sollen künftig alle Messstellen mit Erzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung über 2 Kilowatt mit SMGWs ausgestattet werden müssen. Zugleich wird die Fähigkeit zur Steuerbarkeit durch den zuständigen Messstellenbetreiber verpflichtend.

Die Quote der gesetzlich auszustattenden Messstellen soll insgesamt unverändert bleiben. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gelten die neuen Auflagen dem Entwurf nach vornehmlich bei Kleinstanlagen nur, wenn sich abzeichnet, dass die gesetzlichen Ziele nicht erreicht würden. Demnach sollen etwa bis 2030 insgesamt mindestens 50 Prozent aller auszustattenden Messstellen über ein SMGW verfügen. Der Ansatz habe den Vorteil, dass etwa Betreiber kleinerer Photovoltaik-Anlagen von der bisher bestehenden technisch anspruchsvollen Pflicht befreit würden, selbst für die Installation der passenden Steuerungstechnik zu sorgen. Zudem gebe es eine Ausnahme, wenn Balkonkraftwerke & Co. dauerhaft sichergestellt keinen Strom ins Netz einspeisen und nur zur Eigenversorgung oder internen Weitergabe des Stroms verwendet würden.

Ein Referentenentwurf des Wirtschaftsministeriums hatte zunächst vorgesehen, dass Schnittstellen für intelligente Stromzähler bei Endverbrauchern mit einem Jahresstromverbrauch bis 10.000 kWh nicht mehr verpflichtend werden sollten. Damit hätten solche Haushalte vom Messstellenbetreiber "nur noch als optionale Einbaufälle" ausgestattet werden müssen. Verbände wie der ZVEI und Anbieter flexibler Tarife kritisierten dies und befürchteten "eine massive Verunsicherung der Branche". Prinzipiell bleibt die Regierung aber dabei, dass Einbau und Betrieb von intelligenten Zählern "wirtschaftlich vertretbarer", für die Anschlussnutzer also teils teurer werden soll. Auf Großverbraucher könnten Kosten von bis zu 140 Euro jährlich zukommen. Bei optionalen Einbaufällen (bis zu 6000 kWh) soll die Preisobergrenze insgesamt maximal 60 Euro pro Jahr betragen – 30 Euro für den Endverbraucher und genauso viel für den Netzbetreiber.

Mit zusätzlichen Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) will die Exekutive dafür sorgen, dass Erzeugungsanlagen schneller und besser in die Strommärkte integriert werden. Betreiber sollen ihren Strom selbst vermarkten dürfen. Gleichzeitig könnten so künftig auch kleinere Anlagen von den Netzbetreibern gesehen und "im Bedarfsfall" gesteuert werden, heißt es. Bei der Umsetzung erhielten Netz- und Messstellenbetreiber Spielräume, um gegebenenfalls "Kleinstanlagen nachrangig einzubeziehen". Bestehende Übertragungsnetze sollen zudem höher ausgelastet, Verteilernetze stärker digitalisiert, standardisiert und beschleunigt werden. Parallel hat die Regierung ein Reallabore-Gesetz gebilligt. Damit sollen etwa autonome Fahrzeuge, neue Mobilitätskonzepte, Anwendungen unbemannter Luftfahrt, moderne Quartierslösungen oder Telemedizin einfacher in einem "regulatorischen Sandkasten" erprobt werden können.

Nach dem Ampel-Aus ist unklar, ob die Initiative den Bundestag noch vor den Neuwahlen passiert, die für den 23. Februar 2025 angekündigt sind. Die CDU/CSU-Fraktion will Vorhaben der Rumpf-Ampel ohne die FDP nur in Einzelfällen unterstützen. In einem aktuellen Papier für eine Energie-Agenda fordert sie, "den Smart-Meter-Turbo" zu zünden. Eine schnellere und flächendeckendere Einführung intelligenter Messsysteme sei entscheidend.

(fds)