Bundesregierung erläutert Vorstoß zur globalen Patentharmonisierung

Bei den Verhandlungen des Transatlantischen Wirtschaftsrats über einen Fahrplan zur "globalen Patentharmonisierung" geht es laut Bundsjustizministerium um formale Anpassungen der Patentsysteme im Rahmen der WIPO - und nicht etwa um Softwarepatente.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 18 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die Bundesregierung hat etwas Licht ins Dunkel bei den Verhandlungen des Transatlantischen Wirtschaftsrates über einen Fahrplan zur "globalen Patentharmonisierung" gebracht. Es gehe bei den Gesprächen zwischen der EU und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und den USA andererseits nicht um die Vorbereitung eines bilateralen Patentvertrags, schreibt das Bundesjustizministerium in einer jetzt veröffentlichten Antwort (PDF-Datei) auf eine Anfrage der Linken im Bundestag. Vielmehr würden sich die Gespräche um die Abstimmung der Positionen der Industriestaaten über den derzeit offiziell auf Eis liegenden Entwurf für ein "Substantive Patent Law Treaty" (SPLT) auf Ebene der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) drehen.

Betroffen sind dem Ministerium zufolge demnach nur Fragen des formalen Verfahrens von Patenterteilungen. Materielle Voraussetzungen für den gewerblichen Rechtsschutz, mit denen etwa über die Patentierbarkeit von Software oder Geschäftsmethoden entschieden werden könnte, seien nicht Gegenstand der Beratungen. Die Bundesregierung tritt somit Befürchtungen entgegen, dass die im US-Recht enthaltenen Kriterien für die Patentierbarkeit von Erfindungen übernommen werden könnten. Eine "Angleichung" zwischen der EU und den USA könne schon deshalb nicht erfolgen, weil es auf dem alten Kontinent aus Mangel an einem Gemeinschaftspatent bisher nur ein Patentrecht für wenige Teilbereiche wie für Biopatente gebe. Sollten sich die Mitgliedsstaaten einmal auf ein Gemeinschaftspatent einigen, werde auch damit keine neue Rechtsgrundlage für die Patentierbarkeit geschaffen.

Bei dem zunächst am Widerstand der Entwicklungsländer gescheiterten WIPO-Vertrag zur Patentharmonisierung sollen nach Ansicht der Industrieländer gemeinsame Mindeststandards in den Bereichen Erfindungshöhe, Neuheit, Stand der Technik und Neuheitsschonfrist geschaffen werden. Ein SPLT müsse einen "ausgewogenen Regelungskompromiss" zwischen den einbezogenen Patentsystemen enthalten, meint das Justizministerium. Von den USA erwarte Europa etwa, "dass das außerhalb der USA weltweit gebräuchliche sogenannte Erstanmelderprinzip (first-to-file) und die obligatorische Offenlegung aller Patentanmeldungen nach 18 Monaten" einzuführen seien. Bislang gilt in den Vereinigten Staaten die Regelung, dass der Zeitpunkt der Erfindung (first-to-invent) Vorrang vor dem Zeitpunk der Einreichung des Patentanspruchs hat.

Mittelstandsvereinigungen wie der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) oder patentfrei.de sehen die Verhandlungen trotzdem weiterhin skeptisch. Es bleibe aufgrund des zügigen und konkreten Zeitplans des Transatlantic Economic Council (TEC) der Verdacht bestehen, "dass eine schnelle Einigung auf Kosten demokratischer Beteiligung angestrebt wird". So könnte der erklärte Wille der Bundesregierung, des Bundestags und zahlreicher anderer europäischer Parlamente übergangen werden. Besonders empört die Organisationen, dass die Bundesregierung in der Patentpolitik die Interessen kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) auch durch den Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) vertreten sieht. Dieser habe sich bislang immer einseitig für Softwarepatente ausgesprochen. (Stefan Krempl) / (pmz)