Bundestrojaner: BKA soll in Wohnungen einbrechen und so IT ausspähen dürfen
Innenministerin Faeser will dem BKA erlauben, in Wohnungen einzubrechen, um sie heimlich durchsuchen und Spähsoftware auf IT-Systemen installieren zu können.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will dem Bundeskriminalamt (BKA) zur Terrorismusbekämpfung die Befugnis geben, künftig heimlich Wohnungen zu betreten und zu durchsuchen. Damit soll es den Ermittlern leichter fallen, den Bundestrojaner für heimliche Online-Durchsuchungen und zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) auf IT-Systemen wie Smartphones oder Computern zu installieren. Das geht laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland und der taz aus dem Entwurf zur Novelle des BKA-Gesetzes hervor, der bisher vor allem wegen der geplanten Erlaubnis zur biometrischen Gesichtserkennung im Zentrum der Kritik steht.
Mit der Quellen-TKÜ kann die Polizei die laufende Kommunikation via Messenger wie WhatsApp, Signal oder Threema direkt auf einem Zielsystem abhören, bevor diese ver- oder nachdem sie entschlüsselt wird. Bei einer weitergehenden Online-Durchsuchung dürfen die Beamten auch auf gespeicherte Dateien zugreifen. Für die beiden Instrumente müssen in der Regel Staatstrojaner eingesetzt und Sicherheitslücken ausgenützt werden. Oft gibt es aber Probleme bei einer Ferninstallation solcher Überwachungssoftware, wenn Zielsysteme wirksam gegen Angriffe von außen geschützt sind. Im Entwurf des Bundesinnenministeriums heißt es daher, das BKA müsse "physisch auf die IT-Geräte einwirken" können. Das sei die "technisch sicherste und schnellste Möglichkeit zur Implementierung" des Bundestrojaners ohne "Mitwirkung der Zielperson".
In dem Gesetzentwurf würden das Betretungsrecht und die damit verknüpften Kompetenzen als letztes Mittel (Ultima Ratio) vorgesehen und eine richterliche Genehmigung im Einzelfall verlangt, heißt es in den Berichten. Ziel könne es auch sein, mögliche "Tatmittel" vor geplanten Anschlägen auszutauschen oder unbrauchbar zu machen. Ganz neu ist der Ansatz nicht: Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern beschloss bereits 2022 eine Reform des Polizeigesetzes, die ein "Betretungsrecht" der Ordnungshüter für Online-Durchsuchungen enthält.
Faeser stellt sich gegen Koalitionsvertrag
Der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer wollte 2019 mit einer Novelle des Verfassungsschutzrechts Staatsschützern und BND-Agenten ermöglichen, heimlich in Wohnungen einzudringen, um dort Bundestrojaner auf Endgeräte aufzuspielen. Wolfgang Schäuble (CDU) hatte schon 2008 als Bundesinnenminister eine Debatte darüber gefordert. 2018 plädierten die Justizminister der Länder für ein Betretungsrecht, um Staatstrojaner auf zu überwachende Geräte zu bekommen. Das BKA machte jahrelang von seiner Befugnis zum Hacken von IT-Systemen keinen Gebrauch. Ermittler der Behörde sollen 2022 aber Spionageprogramme gegen ein Reichsbürger-Netzwerk verwendet haben. Der vom BKA zunächst in Eigenregie für 5,77 Millionen Euro gebaute Bundestrojaner taugte nur zur Quellen-TKÜ. Eine leistungsstärkere Version war lange in der Mache. Parallel beschaffte sich das Amt etwa den Staatstrojaner FinSpy.
Der innerhalb der Bundesregierung nicht abgestimmte Faeser-Entwurf passt auch in dem neuen Punkt nicht zum Koalitionsvertrag der Ampel. Darin heißt es: "Für den Einsatz von Überwachungssoftware, auch kommerzieller, setzen wir die Eingriffsschwellen hoch." Die bestehenden Befugnisse für die Polizei sollen so angepasst werden, dass immer die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes für Online-Durchsuchungen und der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung gewahrt werden. Der Vize der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, verwies nun auf "ernste Zeiten". Das BKA brauche "moderne Ermittlungsbefugnisse und -mittel". Gleichzeitig könne es diese "bloß im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung geben". Das Bundesverfassungsgericht habe hier klare Vorgaben gemacht. In diesem Sinne sei der Gesetzentwurf zu prüfen. DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster kritisierte: "Heimliche Einbrüche erinnern an die Methoden von Polizeistaaten, aber nicht von freiheitlichen Demokratien."
(anw)