CES: Intel prognostiziert große Technikwelle und verspricht soziales Engagement

Auf der CES-Keynote von Intel drehte sich alles um die nächste große Technikwelle, die laut CEO Brian Krzanich unmittelbar bevorsteht. Zudem kündigt Krzanich hohe Investitionen für Personal-Diversität an.

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CES: Intel prognostiziert große Technikwelle und verspricht soziales Engagement
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Florian Müssig
Inhaltsverzeichnis

Intel-Chef Brian Krzanich begann seine CES-Keynote mit einem Rückblick auf die letzte große Technikwelle, die laut ihm mit der Einführung des Pentium Pro begann und über den multimedia-tauglichen Pentium MMX sowie USB als wirklich universelle Schnittstelle das Internet und den PC, wie sie es heute kennen, erst ermöglichten. Jetzt, 20 Jahre nach dem Pentium Pro, stehe die nächste große Technikwelle vor der Tür.

Brian Krzanich und die Themen seiner Keynote

Die Anfänge seien bereits gemacht, wie Krzanich im Hinblick auf Sprach- und Gestensteuerung demonstrierte: Ein Koch marinierte beidhändig Chicken Wings auf der Bühne. Das Rezept samt Videoanleitung stammten von einer Webseite, die auf einem All-in-One-PC dargestellt wurde – und mit so beschmutzten Händen kämen Tastatur, Maus und Touch als Eingabe-Methode zum Weiterscrollen oder Video-Pausieren nun mal nicht in Frage.

Die Erkennung der 3D-Gesten übernahm die 3D-Kamera RealSense, welche im PC integriert war. Letzterer war dabei kein handgeklöppelter Intel-Prototyp: In den nächsten Wochen werden RealSense-bestückte Notebooks und All-in-One-PCs unter anderem von Acer, Asus, Dell, Fujitsu, HP und Lenovo in den Handel kommen.

Drahtloses Laden gibt es bald auch in Marriott-Hotels.

Anschließend wiederholte Krzanich die bereits auf dem IDF getätigte Aussage, dass in absehbarer Zeit mittels WiGig und drahtlosem Laden viele Kabel verschwinden sollen und werden. Für den von Intel geförderten Ladestandard Rezense hatte Krzanich nach der Hotelkette Hilton und der Fluggesellschaft Emirates einen neuen großen Partner zu verkünden: Bereits ab dem zweiten Quartal wird es auch in ausgewählten Marriott-Hotels Rezense-Ladestationen geben.

Außerdem müssten sich angesichts immer häufigerer Hacks und der Tatsache, dass man sich sichere Passwörter schlecht merken könne, andere Authentifizierungsmethode wie etwa Gesichtserkennung mittels der hauseigenen True-Key-Lösung durchsetzen.

Dion Weisler von HP zeigt ein vom Multi Jet Fusion gedrucktes Kettenglied.

Als nächstes durfte Dion Weisler, der künftige CEO von HP Inc., zwei Produkte vorzeigen, die Krzanichs Technikwellen-These unterstützten: die bereits letzten Herbst angekündigten Geräte Sprout und Multi Jet Fusion. Die 3D-Kamera, die beim All-in-One-PC Sprout das Scannen von auf einer Touchpad-Unterlage platzierten Objekten übernimmt, stammt freilich von RealSense. Anders als Sprout ist der mehr als zwei Waschmaschinen große 3D-Drucker Multi Jet Fusion weiterhin nicht erhältlich – und Weisler hatte diesbezüglich auch keine Ankündigung in petto. Er gab allerdings bekannt, dass sich im Drucker ein i7-Prozessor um die aufwändige Datenverarbeitungsschritte kümmere.

Das holografische Klavier in Seitenansincht und so, wie der Spieler es sieht

Ein Mitarbeiter aus Intels Forschungsabteilung führte anschließend vor, wie nahe man derzeit bereits an aus Science-Fiction-Filmen wie Minority Report bekannten Hologramm-Darstellungen und Gesteneingaben kommt: Ein Spezialdisplay erzeugte die Illusion einer im Raum schwebenden Klavier-Tastatur, auf der man tatsächlich spielen konnte. Dahinter steckte wiederum eine RealSense-Kamera, die die Fingerpositionen im Raum erfasste und bei einem "Tastenanschlag" den entsprechenden Ton ausgab.

Der iRobot-Chef ließ sich von einem seiner Produkte auf der Bühne vertreten.

Abseits der PC-Welt nannte Krzanich als zweite große Quelle, die fleißig mit technischen Innovationen sprudelt, die Robotik. Dazu kam der CEO vom Unternehmen iRobot, das man hierzulande von den Roomba-Staubsauger-Robotern kennt, in Las Vegas auf die Bühne – allerdings nicht physisch, sondern über den Remote-Presence-Roboter Ava 500 aus Boston zugeschaltet. Der Roboter kann dabei automatisch durch seine Umgebung navigieren, und zwar – richtig geraten – über drei integrierte RealSense-Kameras.

Noch mehr Kameras, nämlich derer gleich sechs, stecken im Hexacopter Firefly der deutschen Firma Ascending Technologies. Die Drohne kann damit selbstständig im dreidimensionalen Raum navigieren. Auf der Bühne wurde dies mit einer Runde Drohnen-Ping-Pong demonstriert: Näherte sich eine Person der schwebenden Drohne, so wich diese eigenmächtig zur Seite aus.

Fröhliches Drohnen-Jagen

Statt eines gegenseitigen Zuspiels musste die Demo-Drohne allerdings von hektischen Mitarbeitern wieder eingefangen werden, weil sie fast bis über die Köpfe des Publikums flog – eigentlich logisch, denn in diesem Luftraum waren ja die wenigsten Hindernisse. Anschließend durchflogen die Drohnen auch noch einen über die komplette Saallänge aufgebauten Hindernis-Parcour, in dem auch Höhenwechsel zum Weiterkommen notwendig waren. Diese Spielereien mit den Fluggeräten bezeichnete Krzanich übrigens liebevoll als "Game of Drohnes".

Als Krzanich zum Boom-Thema Wearables kam, zauberte er eine unerwartete Produkt-Neuheit aus dem Hut beziehungsweise vom Jacket: Der unterste Knopf seiner seit Präsentationsbeginn getragenen Anzugsjacke war gar keiner, sondern das Entwicklermodul Curie, das in der zweiten Jahreshälfte erscheinen soll. Anschließend wurde eine Wearable-Partnerschaft mit dem Brillenhersteller Oakley bekannt gegeben – konkrete Produkte gab es dabei aber nicht.

Krzanich präsentiert die Prototypen-Jacke, die Personen mit stark eingeschränktem Sichtfeld das Leben erleichtert.

Intel plant mit Wearables aber mehr als nur Fashion: Ein Intel-Mitarbeiter mit schwerer Augenkrankheit und dadurch bedingtem extrem engem Tunnelblick führt eine Jacke mit mehrere Vibrationsmodulen und RealSense-Kamera vor. Dank dieser Jacke könne sich der Mitarbeiter in Gesprächen wieder voll auf sein Gegenüber konzentrieren und müsse nicht wie früher wegen des eigenschränkten Sichtfelds permanent im Raum umher gucken, um Änderungen in der näheren Umgebung mitzubekommen. Die RealSense-Kamera übernimmt diese Aufgabe und zeigt mit Vibrationen am Oberkörper an, in welcher Raumrichtung sich etwas tut – und über die Intensität der Vibrationen auch, wie nah das herankommende Objekt bereits ist. Intel will alle mit diesem Projekt verbundenen Entwicklungen inklusive Source Code später im Jahr allen interessierten Entwicklern kosten- und lizenzfrei zu Verfügung stellen.

Intel will 300 Millione US-Dollar für Inklusion und Diversität ausgeben.

Damit war Krzanich hinsichtlich seiner sozialen Bemühungen aber noch nicht am Ende. So, wie Intel in der jüngeren Vergangenheit Konflikt-Mineralien aus seinen Prozessoren verbannt hat, so will sich Intel jetzt um Inklusion und Diversität unter seinen Mitarbeitern bemühen. Man werde verstärkt Frauen und Angehörige von Minderheiten einstellen und das Gehalt von Führungskräften an die Erfüllung gewisser Quoten koppeln. Die anstehenden Investitionen für die sozialen Verbesserungen sind Krzanich stolze 300 Millionen US-Dollar wert.

Außerdem stelle man dafür die "Diversity in Technology Initiative" auf die Beine und lade andere Unternehmen ein, sich dieser ebenfalls anzuschließen – kein Wunder, ist Inklusion und Diversität doch auch bei Microsoft, Apple, Google, Facebook oder Twitter ein Thema. In den Begriff Technology schloß Krzanich den Bereich Gaming explizit und mehrfach ein. Die Debatte rund um Anita Sarkeesian und das Gamergate haben bei Intel also durchaus bleibenden Eindruck hinterlassen. (mue)