COP29: Digitale Technologien als SchlĂĽssel im Kampf gegen den Klimawandel

Die COP29-Erklärung hebt die Rolle digitaler Innovationen für Klimaschutzmaßnahmen hervor und fordert nachhaltige IT-Lösungen zur Reduzierung von Emissionen.

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COP-Bild Greening Digital Companies

COP29: Digitaltechnologien als SchlĂĽssel fĂĽr den Klimaschutz

(Bild: ITU)

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  • Michael Link
Inhaltsverzeichnis

Die 29. Weltklimakonferenz (COP29) in Baku, Aserbaidschan, wird von verschiedenen Interessenkonflikten und Finanzierungsfragen überschattet. Dennoch konnten sich die Delegierten auf eine Erklärung der COP29 zur "Green Digital Action" einigen. Sie ist nach dem Willen der Delegierten ein ausdrücklicher Schritt in Richtung einer stärkeren Integration von digitalen Technologien in die globalen Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels. Die Erklärung zielt darauf, die Potenziale digitaler Technologien zu nutzen, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die Resilienz gegenüber Klimaveränderungen zu erhöhen, während gleichzeitig die negativen Umweltauswirkungen der Digitalisierung minimiert werden sollen. Wie das genau erreicht werden kann, lässt die Erklärung offen, sie wird aber recht deutlich in der Analyse grundsätzlicher Zusammenhänge.

Die Pressemitteilung hebt die entscheidende Rolle digitaler Innovationen hervor, die als Katalysatoren für nachhaltige Entwicklungen dienen können. Dies umfasst die Verbesserung der Energieeffizienz, die Unterstützung von Klimaanpassungsmaßnahmen und die Förderung erneuerbarer Energien durch digitale Lösungen wie intelligente Netze und mobile Frühwarnsysteme. Allerdings wird auch die Kehrseite thematisiert: die beträchtlichen ökologischen Kosten der Digitalisierung, insbesondere der Energieverbrauch von Rechenzentren und die problematische Entsorgung von E-Schrott.

Die Delegierten der Weltklimakonferenz in Baku (COP29) brachten eine Erklärung über den Zusammenhang von Digitaltechnologien und dem Klimaschutz auf den Weg.

(Bild: COP)

Ein Problem ist, dass es kaum transparente und miteinander vergleichbare Daten über den Energieverbrauch und die Emissionen des ICT-Sektors gibt. Daher fehlt eine stabile Grundlage für eine effektive Klimastrategie. Hier mauern nach Ansicht der Delegierten zu viele Beteiligte. Diesbezügliche Konflikte erfordern nach Ansicht der Delegierten ein sorgfältiges Abwägen von Nutzen und Risiken sowie eine verstärkte internationale Zusammenarbeit, um sicherzustellen, dass digitale Technologien tatsächlich zur Erreichung der globalen Klimaziele beitragen und diesen nicht entgegenwirken.

Die Delegierten stellen besonders heraus, dass man auch deswegen über Beiträge zur Stärkung des Klimaschutzes streitet, weil der Zugang zu Digitaltechnologien weltweit ungleich verteilt ist. Damit ist der unterschiedliche Digitalisierungsgrad hauptsächlich zwischen Industrieländern und sogenannten Entwicklungsländern gemeint. Während wohlhabendere Nationen von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren, bleiben viele ärmere Länder zurück, was bestehende globale Ungleichheiten verstärken könnte. Die Erklärung zielt darauf ab, den Zugang zu Technologien in Entwicklungs- und Schwellenländern zu fördern und Bildungsinitiativen zu unterstützen.

Im größeren Kontext ist die Erklärung Teil einer breiteren Bewegung, die bereits seit mehreren Jahren unter den Staaten an Fahrt gewinnt. Frühere Initiativen, wie die Integration digitaler Technologien in nationale Klimaziele und die Zusammenarbeit im Rahmen des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) haben den Grundstein gelegt, aber bisher nicht so detailliert auf Einzelaspekte hingewiesen wie die aktuelle Erklärung.

Einleitend stellen die Delegierten in acht Punkten fest, warum sie ein internationales Handeln für nötig erachten. Darunter ist insbesondere die Äußerung der Delegierten interessant, dass Digitaltechnologien auch mit Negativaspekten fürs Klima verbunden sind, was bislang eher selten so deutlich formuliert wurde. Dass eine Verminderung der Treibhausgasemissionen aus dem ICT-Sektor einen erheblichen Anteil für den Klimaschutz beitragen könnte, verschiebt ebenfalls den Fokus, der bislang hauptsächlich auf den Sektoren der Energieerzeugung und Schwerindustrie lag. Tiefe Besorgnis drückten die Delegierten aus über Desinformationskampagnen und Fehlinformationen zu Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels und über Maßnahmen dagegen.

Als Maßnahmen haben die Delegierten einiges auf die Liste gesetzt: etwa eine bessere Klimaüberwachung und -vorhersage. Mit digitalen Technologien und Frühwarnsystemen wollen die Delegierten auch die Vorsorge sowie die Fähigkeiten, im Notfall schneller reagieren zu können, stärken. Dazu zählen die Delegierten auch Maßnahmen für robustere Netze, womit ausdrücklich nicht nur Energienetze gemeint sind.

Laut Erhebungen der UN wächst die jährlich erzeugte Elektroschrottmenge derzeit fünfmal schneller als die Kapazitäten fürs Recycling.

(Bild: ITU)

Die Ressourcenintensität digitaler Technologien sowie ihren Energieverbrauch sollen Normen und Richtlinien einhegen. Hierzu zählt auch eine Verlängerung von Produktlebenszyklen, was angesichts der Rallye um immer wieder neue Smartphones und Grafikkarten sowie neuer Prozessoren, Gadgets aller Art und nicht zuletzt neuer Automodelle ein arg ambitioniertes Ziel zu sein scheint.

Dem Versteckspiel darum, welche Maßnahmen wie viel zu Treibhausgasemissionen beitragen, sollen nach dem Willen der Delegierten einheitliche Metriken ein Ende bereiten. Die Delegierten wollen auch, dass diese Daten mehr zu den getroffenen Entscheidungen beitragen als bisher. Dazu wollen die Delegierten Standards etablieren, welche die Nettoklimaauswirkungen sogenannter grüner digitaler Lösungen besser abschätzen. Dass dies Geld kosten wird, ist den Unterzeichnern klar, jedoch lässt die Erklärung Details zu diesem sicherlich wichtigsten Punkt offen.

Die Erklärung enthält immerhin einen Fingerzeig in Richtung von Ländern, in denen das geistige Eigentum an Entwicklungen nicht viel gilt. Demnach halten die Delegierten es für wichtig, diese Rechte besonders zu schützen, um Anreize für Innovationen zu schaffen. Immerhin haben die Delegierten auch Überspitzungen aus Patentkriegen im Blick und wollen auch Open Source beziehungsweise Open Hardware fördern, die etwas wolkig mit "kooperative Maßnahmen" und etwas deutlicher mit "offener Zugang" umschrieben sind.

Das alles soll durch verstärkte internationale Zusammenarbeit auf Wissens- und Austauschplattformen ins nationale Handeln der Staaten übernommen werden, so die Delegierten. Die COP29-Erklärung zeigt immerhin zusammenfassend, dass digitale Technologien nicht nur Teil des Problems, sondern auch Teil der Lösung sein können. Die Herausforderung besteht nun darin, diese ehrgeizigen Ziele in die Praxis umzusetzen und sicherzustellen, dass digitale Innovationen tatsächlich zur Erreichung der Klimaziele beitragen, ohne neue Umweltprobleme zu schaffen.

Gleichwohl wirkt die Erklärung vor dem Hintergrund anhaltender Streitigkeiten immerhin gewagt. So sehen sich die Länder zwar im Prinzip genötigt, das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, doch wer wie viel dazu beitragen kann, ist weiter offen. Ein Kernpunkt ist die Finanzierung von Maßnahmen für den Klimaschutz, besonders in ärmeren Ländern. Die Anzahl der Geberländer für die laut Weltklimakonferenz nötigen 1.300 Milliarden US-Dollar öffentliche Gelder jährlich ist übersichtlich. Bislang haben sich 25 Länder, darunter auch Frankreich und Deutschland, zu einer Gruppe besonders ambitionierter Zahler zusammengefunden. China hingegen zahlt nicht.

Die Gelder sind primär für den Ausbau erneuerbarer Energien, den Moor- und Waldschutz sowie andere Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern gedacht. Die Haltung der künftigen Regierung der USA und die anderer Regierungen von Industrieländern und vormaligen Schwellenländern lässt indes nicht erwarten, dass die Erklärung viel Gewicht bekommen wird.

(mil)