Cambridge Analytica: Chef prahlt mit Wahlbeeinflussung und Erpressungsversuchen
Gegenüber einem Investigativreporter hat der Chef der Datenanalysefirma Cambridge Analytica damit angegeben, dass seine Firma in verschiedenen Wahlkämpfen engagiert war – oft verdeckt und aus dem Schatten. Der Firma drohen nun mehrere Untersuchungen.
Nach den Enthüllungen über Versuche von Cambridge Analytica, Abstimmungen in aller Welt zu beeinflussen, geraten die Datenanalysefirma und auch Facebook immer weiter unter Druck. Am Montag strahlte der britische Sender Channel 4 eine Reportage aus, die Aufnahmen des Chefs von Cambridge Analytica zeigen, die mit versteckter Kamera aufgenommen wurden. Darin erklärt Nix dem verdeckt agierenden Reporter, seine Firma könne gegnerischen Kandidaten Geld anbieten und ein Video der Korrumpierbarkeit schnell im Internet verbreiten. Oder man könne "einige Mädchen zu seinem Haus schicken", ukrainische Frauen seien etwa besonders schön: "Ich finde, das funktioniert immer sehr gut."
"Agieren aus den Schatten"
Die britische Firma war am Wochenende einmal mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, nachdem der Whistleblower Christopher Wylie öffentlich behauptet hatte, dass sie mit illegal beschafften Nutzerdaten von Facebook Einfluss auf die US-Präsidentschaftswahl und das britische Brexit-Referendum genommen hat. Facebook hatte die Firma daraufhin aus dem eigenen sozialen Netzwerk ausgesperrt und versichert, man habe die Löschung der Daten verlangt. Wylie hatte erklärt, dass diese zugesagte Löschung der Daten von insgesamt 50 Millionen Facebook-Nutzern nie überprüft worden sei. Diese widerrechtliche Weitergabe der Daten könnte Facebook teuer zu stehen kommen, im Raum steht eine Maximalstrafe von 2 Billionen US-Dollar.
In den Gesprächen mit dem Reporter von Channel 4, der sich als potenzieller reicher Kunde aus Sri Lanka ausgegeben hat, prahlen die Verantwortlichen von Cambridge Analytica, Wahlkämpfer in aller Welt unterstützt zu haben. Darunter auch die umstrittene Präsidentschaftswahl in Kenia, nach der unter anderem Hackingvorwürfe laut geworden waren. In den versteckt aufgenommen Gesprächen versichert zuerst Mark Turnbull von Cambridge Analytica, dass man mit unlauteren Methoden nichts am Hute habe. Firmenchef Alexander Nix widerspricht dem später und zählt verschiedene Taktiken auf, die in einigen Staaten illegal sind. Da viele Kunden nicht direkt mit seiner Firma in Verbindung gebracht werden wollten, sei man sehr gut darin, die eigene Beteiligung etwa durch gefälschte Dokumente zu verschleiern.
Datenschutzbeauftragte will Computer untersuchen
Während Cambridge Analytica den Berichten widerspricht und erklärt hat, man versuche "routinemäßig in Gesprächen mit potenziellen Kunden, unethische oder illegale Absichten herauszufinden", will Großbritanniens Datenschutzbeauftragte eine Untersuchung. Wie die BBC berichtet, will Elizabeth Denham einen Durchsuchungsbeschluss beantragen, um Zugang zu den Datenbanken und Servern des Unternehmens zu erhalten. Sie wolle herausfinden, wie Cambridge Analytica Daten verarbeite und lösche. Laut Recode hat Facebook derweil selbst digitale Forensiker engagiert, um zu klären, ob Cambridge Analytica, wie zugesagt die 50 Millionen Nutzerdaten, gelöscht hat.
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(mho)