Cambridge Analytica: Facebook verliert Sicherheitschef, Politiker verlangen Antworten

Nach den neuen Berichten über die Methoden der Trump-Wahlkampfhelfer von Cambridge Analytica rückt Facebook weiter in den Fokus. Während die Aktie des Konzerns abstürzt, fordern Politiker Untersuchungen. Facebooks Sicherheitschef hat derweil genug.

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Datenskandal um Cambridge Analytica: Facebook verliert Sicherheitschef, Politiker verlangen Antworten
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Angesichts der weiteren Enthüllungen über die Praktiken der britischen Datenanalysefirma Cambridge Analytica gerät auch Facebook immer mehr unter Druck. Der Aktienkurs des weltgrößten sozialen Netzwerks brach am Montag um fast sieben Prozent ein und vorbörslich setzte sich der Abwärtstrend am Dienstag fort. Parallel dazu wurde am Montag bekannt, dass Sicherheitschef Alex Stamos das Unternehmen verlassen wird. Das berichtet die New York Times unter Berufung auf anonyme Quellen.

Hintergrund seien Auseinandersetzungen darüber, wie Facebook mit den Berichten darüber umgeht, dass andere Staaten über Facebook versucht haben sollen, Einfluss auf die US-Präsidentschaftswahl zu nehmen. Das Sicherheitsteam um Stamos habe immer für mehr Transparenz plädiert, sich aber nicht durchgesetzt. Im Herbst 2017 war bereits deutliche Kritik von Stamos an Technik und Unternehmenskultur seines Arbeitgebers öffentlich geworden. Stamos selbst bezeichnete den Bericht nun als Gerücht, widersprach ihm aber nicht.

Cambridge Analytica und die Facebook-Profile

Am Wochenende war bekannt geworden, dass Cambridge Analytica unter Zuhilfenahme von 50 Millionen Facebook-Nutzerdaten unter anderem Einfluss auf die US-Präsidentschaftswahl und das Brexit-Referendum genommen haben soll. Diese Daten waren vorgeblich für Forschungszwecke abgegriffen worden, weswegen Facebook das erlaubt habe, aber dann widerrechtlich weitergegeben worden, hatte der Whistleblower Christopher Wylie erklärt. Facebook hatte daraufhin versichert, die Löschung der Daten eingefordert zu haben. Laut Wylie war das aber nur halbherzig erfolgt und nie überprüft worden. Nun hat Facebook eine Forensikfirma damit beauftragt, das Schicksal des Datenbergs zu erforschen, berichtet Recode.

In den USA fordern nun Vertreter beider Parteien, dass der Justizausschuss des Senats Geschäftsführer aller großen Internetkonzerne vorlädt und zum Umgang mit Nutzerdaten und Wahlwerbung befragt. Wie The Hill zitiert, begründen die Senatoren Amy Klobuchar (Demokraten) und John Kennedy (Republikaner) das mit Sorgen über die US-Wahlen und den Datenschutz. Senator Ron Wyden (Demokraten) veröffentlichte einen Brief an Facebook-Chef Mark Zuckerberg, der einen umfangreichen Fragenkatalog zu den Vorgängen um Cambridge Analytica enthält. Sein republikanischer Kollege John Thune hat dem US-Portal zufolge eine eigene Fragenliste an Zuckerberg zusammengestellt.

In Europa kündigte derweil Antonio Tajani, der Präsident des EU-Parlaments eine umfassende Untersuchung an, schreibt die Financial Times. EU-Justizkommissarin Věra Jourová kündigte an, das Thema bei einem anstehenden US-Besuch auf den Tisch zu bringen. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat sich unterdessen noch nicht öffentlich geäußert. Sollte die US-amerikanische Handelsaufsicht einen Verstoß seines Netzwerks gegen eine Vereinbarung aus dem Jahr 2011 feststellen, könnte Facebook eine massive Strafe drohen. Möglich wären einem Bericht zufolge bis zu 2 Billionen US-Dollar Strafe, auch wenn diese Maximalsumme unwahrscheinlich ist.

[Update 20.03.2018 – 11:15 Uhr] Am Dienstag wurde bekannt, dass die von Facebook beauftragten Datenforensiker bei Cambridge Analytica waren, bevor die britische Datenschutzaufsicht sie aufforderte, ihre Arbeit einzustellen. Facebook habe zugestimmt, die Analyse bei der britischen Firma einzustellen, berichtet der Guardian. Der Parlamentarier Damian Collins der regierenden Konservativen Partei stellte demnach die Motive von Facebook infrage. Immerhin gebe es doch nun Anlass zur Sorge, dass Informationen oder Beweise beseitigt werden könnten: "Es ist richtig, dass sie zur Seite treten, aber es ist erstaunlich, dass sie überhaupt zuerst da waren."

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(mho)