Chaos Communication Camp 2015: Ein netzpolitischer Sommernachtstraum

Lang anhaltender Beifall für Markus Beckedahl und André Meister von Netzpolitik.org, die mit der Geschichte vom "Landesverrat" am Abend des ersten Camp-Tages ein Heimspiel hatten. Die beiden kündigten weitere Recherche zu diesem Thema an.

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Markus Beckedahl (links) und André Meister (rechts) auf dem Chaos Communication Camp 2015

Markus Beckedahl (links) und André Meister (rechts) resümieren die Affäre um den vermeintlichen Landesverrat.

(Bild: Detlef Borchers/heise online)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Detlef Borchers

"Challenge accepted", das ist die Stoßrichtung von Netzpolitik.org, nachdem die Ermittlungen wegen eines möglichen Landesverrates eingestellt wurden. "Werden wir überwacht? Wer wusste was wann wirklich? In welcher Datenbank sind wir jetzt gespeichert?" Zusammen mit ihren Anwälten fordern Markus Beckedahl und André Meister von Netzpolitik.org Akteineinsicht, insbesondere in die schwer geheimen Gutachten, die den Straftatsbestand der "vorsätzlichen Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen" (denn nur das ist Landesverrat) bejahten.

Die Geheimhaltungsstufe dieser Gutachten soll über der von den Dokumenten liegen, die den Landesverrat ausmachen sollen (VS-Stufen Vertraulich und Geheim).

In einer humorigen, leicht überdrehten Weise ließen die Blogger und Journalisten von Netzpolitik.org am Abend des ersten Camp-Tages die Ereignisse Revue passieren. Enttäuscht war man zunächst, als nach der ersten Veröffentlichung der Dokumente zum Ausbau der Internet-Überwachung durch den Bundesverfassungsschutz das Echo ausblieb. Was nicht erwähnt wurde: Dies musste schon das Neue Deutschland ein Jahr früher erfahren, dass als erstes Medium ausführlich aus den Dokumenten zitierte, die zur "erweiterten Fachunterstützung Internet" verfasst worden waren.

Erst mit der Benachrichtigung, dass gegen Herrn Meister und Herrn "Beckendahl" ein Ermittlungsverfahren läuft, setzte die Empörungswelle ein. Sie führte zu einer kurzfristig angesetzten Demonstration, die sehr gut besucht war, zu Solidariätskundgebungen und zu aparten Rangeleien unter den Verantwortlichen dieser Ermittlungsankündigung.

Einen politisch-juristischen Höhepunkt erreichte die Landesverrats-Affäre, als Generalbundesanwalt Harald Range nach einer Provokation seine Entlassung präsentiert bekam. Dass damit die Sache noch längst nicht ausgestanden ist, zeigt die jüngste Kolumne von Bundesrichter Thomas Fischer mit deftigen Anmerkungen zum Selbstverständnis der Justiz.

Auf dem Camp selbst drehte André Meister weiter an der Schraube und machte auf den Hintergrund der veröffentlichten Dokumente aufmerksam, die klar beweisen würden, dass die Internet-Überwachung durch den Verfassungsschutz ausgebaut wird: "Wenn die Demokratiesimulation der parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienste nicht funktioniert, dann muss die vierte Gewalt ran. Dafür sind wir ja da."

Dafür gab es noch einmal großen Beifall, ehe der Verkauf von "Landesverrater"-T-Shirts begann. Sie waren in wenigen Minuten ausverkauft, obwohl sie nur in zwei kleinen Größen vorrätig waren. Formverräter bekamen zum Trost einen Aufkleber: "Her mit den Dokumenten!". (axk)