Chefregulierer: Neue Ansätze notwendig

Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur, äußert sich gegenüber heise online zur Diskussion um ein Anreizsystem für den Ausbau der neuen Netze.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die EU-Kommission hat für den Herbst eine Empfehlung für die Next Generation Networks (NGN) angekündigt, die ein Anreizsystem für den Ausbau der neuen Netze vorsehen soll. In der Kommission und im EU-Parlament wird nun diskutiert, ob den Netzbetreibern eine Prämie zugesichert werden soll, wenn sie die Nutzung ihrer Infrastruktur für andere Telecom-Anbieter öffnen. Im Gespräch mit heise online bezeichnete Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur, dies als "wichtige" Debatte: "Wir müssen den besten Weg finden, um Anreize für mehr Investitionen zu setzen, andererseits müssen wir den in vielen Ländern bereits bestehenden Infrastrukturwettbewerb aufrechterhalten." Deshalb müsse eine vernünftige Balance und "adäquate Regulierung" gefunden werden.

Geklärt werden müsse laut Kurth etwa, um welche Investitionen es sich handelt. Im Bereich der Backbone-Netze finde bereits ein Umbau statt – ohne dass es dafür neue Anreize bräuchte. Im Anschlussnetz hingegen müssten noch die Übertragungskapazitäten durch Glasfaseranschlüsse erhöht werden. Gleichwohl dürfe durch die Regulierung der Infrastrukturwettbewerb nicht beeinträchtigt werden. Hierzu erarbeitet die Kommission derzeit eine Empfehlung, auch die Bundesnetzagentur hat bereits verschiedene Regelungsmöglichkeiten diskutiert. Für Kurth ist dabei wichtig, die unterschiedlichen Rahmenbedingungen in den Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen.

In Deutschland wurde bereits beschlossen, dass das marktbeherrschende Unternehmen Leerrohre zur Mitbenutzung öffnen muss. Die Deutsche Telekom hat hierzu vor 14 Tagen den Wettbewerberverbänden ein bepreistes Angebot zur Leerrohrmitbenutzung unterbreitet. "Hier sind wir klar in einer europäischen Vorreiterrolle", sagte Kurth. Ein weiterer Vorschlag betrifft den Glasfaseranschluss ans Haus oder in die Wohnung durch alternative Netzbetreiber. Hier begleitet die Bundesnetzagentur die Entwicklung verschiedener Verlege-Modelle. Kurth verweist dabei auf Italien: Dort gebe es eine Vereinbarung zwischen FastWeb und der Telecom Italia, gemeinsam Rohre zu verlegen, aber dabei dritte Anbieter nicht auszuschließen. "Wenn ein Drittzugang auf kommerzieller Basis gewährt wird, kann man gegebenenfalls dann auf eine Vorab-Regulierung der Preise verzichten, wenn keine kartellrechtlichen Probleme vorliegen. Oder man setzt den Grundsatz der Nichtdiskriminierung um und ermöglicht einen Drittzugang zu denselben Preisen."

Aus der Brüsseler Gerüchteküche ist derzeit zu hören, die Kommission präferiere einen Zuschlag von 15 Prozent. Kurth hält dies aber für eine "verfrühte Diskussion": "Wir sollten vielleicht erst einmal klären, ob wir eine Ex-Ante-Preisregulierung wollen oder ob wir, falls der Drittzugang gewährt und Diskriminierung beschränkt wird, eine Ex-Post-Aufsicht machen." Er verweist darauf, dass in Deutschland auch die VDSL-Technik bislang nur bei Substituierbarkeit zugangsreguliert ist.

Auch gebe es keinen regulierten Zugang für Glasfasernetzwerke ins Haus. Denn es entstünden mit diesen neuen kooperativen Modellen auch neue Marktstrukturen mit völlig neuen Anschlussnetzen, die nicht ausschließlich von den marktbeherrschenden Unternehmen, sondern auch von den Wettbewerbern mitgestaltet oder sogar, wie im Falle des Glasfasernetzaufbaus durch Netcologne, auf regionalen Märkten aufgebaut werden. Für Kurth stellt sich die Frage, "ob wir hier nicht Elemente einer symmetrischen Regulierung diskutieren müssen, als Ergänzung zur bislang asymmetrischen Regulierung des marktbeherrschenden Unternehmens." Er hält deshalb "Diskussionen über Symmetrie und Gleichbehandlung und Drittzugang für notwendig". (Christiane Schulzki-Haddouti) / (anw)