Chefregulierer gegen mehr Kompetenzen der EU-Kommission

Der Präsident der Bundesnetzagentur sprach sich erneut gegen die geplante europäische Superregulierungsbehörde und mehr Regulierungskompetenzen für die EU-Kommission aus.

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  • Monika Ermert

Mehr Kompetenzen für die EU-Kommission bei der Regulierung im europäischen Telekommunikationsmarkt? Nein, danke, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, auf einer Konferenz des Wissenschaftlichen Instituts für Kommunikationsforschung (WIK) am heutigen Donnerstag in Bonn. Die Kommission hatte Ende vergangenen Jahres Entwürfe zur Reform der Rahmenrichtlinie und der damit verbundenen Richtlinien zum Telekommunikationsmarkt vorgelegt und darin einen "Superregulierer" vorgeschlagen. Die Pläne der Kommission treffen bei den nationalen Regulierungsbehörden auf Widerstand. Die sind in der European Regulators Group (ERG) organisiert, die nach Kommissionsplänen der neu zu schaffenden "European Electronic Communication Market Agency" (EECMA) weichen soll.

Kurth, der ab dem kommenden Jahr der ERG vorsitzen wird, hält Konsistenz in der Regulierung auch für "eine gute Sache", allerdings müsse sie am Ende des Tages auch passen. Deshalb sei man gegen die mit der EECMA verbundene Zentralisierung. Die EU-Kommission hätte damit das letzte Wort wenn es um den Einspruch gegen Regulierungsmaßnahmen der nationalen Behörden ginge. Die nationalen Regulierer hielten das Risiko falscher Markteingriffe begrenzt und schafften einen gewissen Wettbewerb ums beste Regulierungsmodell. Einheitliche Modelle bei der Bewertung der Kosten, die ein marktbeherrschendes Unternehmen für Vorleistungen verlangen kann, hält Kurth für praktisch unmöglich. "Es gibt kein einheitliches Modell, nach dem solche Kosten für alle Mitgliedsstaaten berechnet werden können."

Für die Kommissionspläne warb Fabio Colasanti aus dem Kabinett von EU-Kommissarin Viviane Reding. Eigentlich sei man nicht mehr weit voneinander entfernt, meinte der Generaldirektor für Informationsgesellschaft und Medien. Colasanti räumte allerdings ein, die Diskussion im Rat sei "nicht positiv". Er bedauerte, dass durch schon die Wahl des Wortes "Agency" für die geplante Behörde Missverständnisse entstanden seien. Im Grunde seien sich aber alle darüber einig, dass die europäischen Regulierer finanziell und personell besser ausgestattet werden sollten.

Die Bundesnetzagentur setzt gemeinsam mit den anderen nationalen Regulierern auf eine Stärkung der ERG. Diese soll mehr Geld und vor allem Personal bekommen. Nach der Vorstellung der Regulierer würde damit die dezentrale Aufsicht erhalten bleiben und die Organisation wäre "ranker und schlanker" als die geplante EECMA. Als Verbesserung empfahl Kurth, dass nationale Regulierer aufgefordert werden sollten, einmal verabschiedete ERG-Positionen "so weit als möglich umzusetzen".

Ein Vertreter der US-Behörde Federal Communications Commission (FCC) riet den europäischen Kollegen, Investitionen für zusätzliche Infrastruktur nicht durch Überregulierung abzuschrecken. Die FCC hat Netzzugangsauflagen mehr und mehr zurückgefahren und hofft auf Investitionen in neue, parallele Netze. Lorenzo Pupillo von Telecom Italia riet dazu, den Netzzugang nur dort zu erzwingen, wo tatsächlich noch Flaschenhälse beim Zugang sind. In bestens vernetzten Regionen wie Mailand gebe es dagegen keinen Grund mehr für asymmetrische Auflagen.

Andere zentrale Fragen geraten angesichts des Streits um eine "EU-FCC" in den Hintergrund, beklagten manche Konferenzbesucher. Insbesondere die künftige Flexibilisierung bei der Frequenzvergabe und der damit verbunden Möglichkeit, Frequenzen in beschränktem Umfang handelbar zu machen, gilt vielen als wichtiges Thema. Die Ängste der Rundfunkanbieter um ihren Stand auf dem Frequenzmarkt seien unbegründet, unterstrich Colasanti. (Monika Ermert) / (vbr)