China: Protest gegen Verhaftung von Webseiten-Betreiber

Offensichtlich wegen Artikeln zum Jahrestag des Tiananmen-Massakers auf seiner Internet-Seite ist der chinesische Betreiber der Web-Site verhaftet worden.

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Von
  • Monika Ermert

Nach der Verhaftung von Huang Qi, Betreiber einer chinesischen Webseite, am 5. Juni in Chengdu konnte man noch am Donnerstag Morgen (Pekinger Ortszeit) auf der Seite www.6-4tianwang.com seinen Protest bekunden. 114 von 140 Besuchern schafften es, den Button mit der Aufschrift "Ich protestiere aufs Schärfste gegen das Vorgehen der chinesischen Regierung gegen verfassungsmäßige Rechte" zu betätigen, bevor die Webseite nicht mehr zugänglich war.

Seit vergangenem Jahr hatte der 36-jährige Huang Qi Artikel über Korruption und Organhandel ins Netz gestellt. "Erstmals gab es im März Schwierigkeiten mit den Behörden, aber dann schien uns die Webseite doch vertretbar," sagte ein dem Verhafteten nahe Stehender gegenüber c't. Über hundert Informanten versorgten Huang Qi mit Informationen. Das Fass zum Überlaufen brachten allerdings wohl zwei Artikel eines Informanten von Huang zum Jahrestag des Tiananmen-Massakers vor elf Jahren. "Die Polizei hat hier alles ausgeräumt, Computer, Bilder, selbst persönliche Dinge sind abtransportiert worden," beschrieb Huangs Vertreter das Vorgehen der Behörden. Die Polizei in Chengdu verweigerte telefonisch jede Stellungnahme, eine Vertreterin des Auslandsbüros der Stadt sagte: "Wir haben keine Information betreffend eines solchen Vorgangs."

Die chinesischen Medien haben bislang Schweigen über das Vorgehen bewahrt, obwohl auch Pekinger Journalisten über E-Mail von der Verhaftung erfahren haben. Laut Huangs Büro ist aber ein Journalist des staatlichen Fernsehens China Central Television (CCTV) nach der Verhaftung nach einer bereits abgeschlossenen Recherche eigens ein zweites Mal angereist, um Huangs Frau zu sprechen. Ob der Vorgang den Weg in die offiziellen Medien findet, bleibt abzuwarten. Entgegen anders lautender Berichte war Huangs Frau nicht inhaftiert worden. Sie habe keine Kenntnis von den Artikeln zum 4. Juni gehabt.

Im schlimmsten Fall steht Huang ein Prozess wegen staatsfeindlicher Propaganda und im Falle einer Verurteilung eine mehrjährige Haftstrafe bevor. Doch es kann mehrere Monate dauern, bis überhaupt über die Aufnahme eines Verfahrens entschieden wird. Huangs Frau und sein neunjähriger Sohn konnten ihn seit seiner Verhaftung nicht sehen. (Monika Ermert) (jk)