China produziert konkurrenzfähige 7-Nanometer-Chips
Huawei lässt seinen neuen Kirin-9000S-Prozessor in China bei SMIC herstellen. Dessen zweite 7-nm-Generation sieht in ersten Tests gut aus.
Huawei hat in China sein Smartphone-Topmodell Mate 60 Pro vorgestellt. Es ist das erste Smartphone seit dem drei Jahre alten Mate 40 Pro, das einen selbstentworfenen High-End-Prozessor der Huawei-Tochter HiSilicon verwendet. Dieser zeigt, dass Chinas Chipproduktion weiter ist als bislang angenommen.
Techinsights hat den eingesetzten Kirin 9000S bereits abgeschliffen und analysiert. Die Firma kommt zum Ergebnis, dass der chinesische Chipauftragsfertiger SMIC den Prozessor mit einem weiterentwickelten 7-Nanometer-Prozess herstellt, N+2 genannt. Verglichen mit dem ersten 7-nm-Prozess N+1 soll die Chipausbeute gestiegen sein. Bloomberg zeigt zusammen mit Techinsights Bilder der Hardware. Der Youtube-Kanal "微机分WekiHome" hat das Smartphone im Video auseinandergenommen.
Eigene CPU-Kerne, GPU und 5G integriert
Die erste 7-nm-Generation hat SMIC vergangenes Jahr mit 20 mm² winzigen Bitcoin-ASICs erprobt – trotz der geringen Chipfläche soll die Ausbeute schlecht gewesen sein. Der Kirin 9000S misst nun 110 mm², ist also wesentlich aufwendiger zu produzieren.
Er enthält eine ganze Menge Neuerungen: teils selbst entwickelte ARM-Rechenkerne, eine selbst entwickelte GPU, ein 5G-Modem und einen großen KI-Beschleuniger. Huawei hat die vier großen ARM-Kerne selbst entworfen – sie bringen Simultaneous Multithreading (SMT) erstmals in Smartphones. Damit können vier CPU-Kerne gleichzeitig acht Threads abarbeiten. Über ARM China scheint die Firma weiterhin Zugriff auf aktuelle ARM-Designs zu haben: Bei den vier Effizienzkernen setzt Huawei auf die recht aktuellen Cortex-A510.
Ans Limit getrieben
Um den bisherigen Kirin 9000 mit 5-nm-Technik von TSMC zu schlagen, treibt Huawei den Kirin 9000S im Mate 60 Pro ans Limit. Das beweisen Benchmarks des Youtube-Kanals "极客湾Geekerwan". Den stärksten Performance-Kern prügelt Huawei auf 2,62 GHz, wobei die Leistungsaufnahme mit den letzten hundert MHz exponentiell steigt.
So erreicht der Prozessor im Vergleichs-Benchmark Geekbench eine Spitzenleistungsaufnahme von fast 13 Watt – beinahe doppelt so viel wie der bisherige Kirin 9000. Dafür knackt die CPU im Multithreading-Test die 4000-Punkte-Marke. Qualcomm, der seine Prozessoren traditionell mehr elektrische Leistung aufnehmen lässt, landet typischerweise bei 10 bis 12 Watt.
Deutlich besser sieht die Effizienz bei verringerten Taktfrequenzen aus. In Spielen etwa soll der Kirin 9000S hohe Bildraten bei weniger als 6 Watt Leistungsaufnahme erreichen.
Das Mate 60 Pro hat aufgrund der hohen Spitzenwerte eine aufwendige Kühlung. Huawei versieht beinahe die gesamte Display-Rückseite mit einer Vapor-Chamber, die die Abwärme gleichmäßig auf das Smartphone verteilt.
Die Mühe scheint sich aber zu lohnen: Der Kirin 9000S ist offenbar etwas flotter und effizienter als Qualcomms Snapdragon 8 Gen 1 (Samsung 4LPE). Einzig der mit TSMCs 4-nm-Technik gefertigte Snapdragon 8 Gen 2 zieht merklich davon.
Produktionskapazität
Fraglich ist, wie groß SMICs 7-nm-Kapazität ist. Gerüchten zufolge kann die Firma derzeit nur ein paar Millionen Kirin 9000S pro Jahr produzieren. Chinesische Chipauftragsfertiger haben in den letzten Monaten allerdings massenhaft Lithografie-Systeme beim niederländischen Hersteller ASML gekauft, sodass SMIC seine Kapazität noch deutlich ausbauen könnte.
Im Juni haben die Niederlande weitere Exportbeschränkungen angekündigt, die eigentlich ab dem 01. September greifen. Mit einer Ausnahmelizenz darf ASML seine aktuellen DUV-Systeme (Deep Ultraviolet, tief-ultraviolettes Licht) offenbar aber noch bis zum Jahresende nach China verkaufen. Danach ist der Export auf ältere DUV-Systeme beschränkt, die sich zwar weiterhin für 7-nm-Prozesse eignen, aber langsamer arbeiten und eine höhere Fehlerquote aufweisen.
Schon im zweiten Quartal 2023 hat ASML seinen Umsatz mit chinesischen Kunden mehr als verdreifacht:
In den nächsten Jahren wird es für SMIC derweil schwieriger, Schritt zu halten. China bekommt keine Lithografie-Systeme mit extrem-ultravioletter (EUV-)Belichtungstechnik, die TSMC, Samsung und Intel ab der 5-nm-Generation als notwendig ansehen. Auch der nächste Schritt auf noch komplexere High-NA-Systeme mit hoher numerischer Apertur bleibt China verwehrt. Die Konkurrenz setzt diese Maschinen ab der 2-nm-Generation ein.
Unter anderem Huawei will zwar eigene EUV-Lithografie-Systeme entwickeln, allerdings ist der Aufwand enorm. Kurzfristig sind keine Durchbrüche zu erwarten.
ASMLs Ausnahmelizenz ergänzt.
(mma)